--Wintershall Dea sieht sich im Russlandgeschäft "de facto enteignet"

--BASF schreibt insgesamt 7,3 Milliarden Euro auf Beteiligung ab

--BASF erfüllt auch operativ Analystenerwartungen nicht

(NEU: Komplett neu geschrieben, mit Marktreaktion)

Von Olaf Ridder

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Kasseler Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea zieht sich ein knappes Jahr nach dem Beginn des Ukrainekrieges vollständig aus Russland zurück und brockt seinem Ludwigshafener Mehrheitseigner einen Milliardenverlust ein. Der Chemiekonzern BASF meldete am Dienstagabend ein Ergebnis nach Steuern und Dritten von minus 1,376 Milliarden Euro, nachdem im Vorjahr noch ein Überschuss von 5,523 Milliarden Euro zu Buche gestanden hatte. Analysten hatten nach einem von Vara Research ermittelten Konsens mit 4,768 Milliarden Euro Gewinn gerechnet.

BASF musste insgesamt Wertberichtigungen von 7,3 Milliarden Euro vornehmen. Nachdem im Frühjahr bereits Milliardenabschreibungen auf die Nord-Stream-Pipeline anfielen, wurden im Schlussquartal weitere 5,4 Milliarden fällig, weil Wintershall Dea nach einem Aufsichtsratsbeschluss seine Explorationslinzenzen und Förderaktivitäten in Russland entkonsolidierte.

"Eine Fortführung unseres Geschäftes in Russland ist nicht haltbar", erklärte Vorstandschef Mario Mehren. Der Krieg habe die Kooperation zwischen Europa und Russland zunichte gemacht. "In den vergangenen Monaten hat die russische Regierung die Tätigkeit westlicher Unternehmen im Land eingeschränkt. Zusätzlich haben externe Eingriffe in die Aktivitäten unserer Joint Ventures dazu geführt, dass Wintershall Dea nicht wie bisher in Russland tätig sein kann. Die Joint Ventures wurden de facto wirtschaftlich enteignet", so Mehren.

Russland stand bei Wintershall Dea für rund die Hälfte der Förderung. Das Unternehmen war in dem Land seit mehr als 30 Jahren tätig. Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine hatte Mehren zwar Planungen für neue Projekte gestoppt, wollte sich trotz öffentlicher Kritik anders als andere Ölkonzerne aber zunächst nicht aus Russland zurückziehen. Im Herbst bestätigte BASF dann allerdings Bestrebungen, das Russlandgeschäft abzutrennen, um den eigentlich seit Jahren geplanten Börsengang von Wintershall Dea zu ermöglichen.

Der war mit Beginn des Krieges in weite Ferne gerückt. Wintershall Dea war 2019 aus dem Zusammenschluss der BASF-Tochter mit dem Hamburger Wettbewerber Dea entstanden. Während der Ludwigshafener Chemiekonzern 72,7 Prozent der Anteile hält, liegen die restlichen Anteile bei der Investmentgesellschaft LetterOne des mit Sanktionen belegten russischen Oligarchen Michail Fridman. BASF musste den geplanten Börsengang, mit dem sich der Konzern eigentlich aus dem Öl- und Gasgeschäft zurückziehen wollte, schon zuvor aus Gründen des Marktumfeldes mehrfach verschieben.

Wintershall Dea verbuchte nach dem Russland-Rückzug nun einen Verlust von 5,3 Milliarden Euro. Das Unternehmen will nun außerhalb seines bislang wichtigsten Fördergebietes wachsen und setzt dabei auch auf CO2-Verpressung unter der Nordsee. "Wir sind auf diesen schwierigen Moment vorbereitet", sagte Mehren.

BASF verbuchte 2022 nicht nur einen Milliardenverlust, auch operativ lief es nicht ganz so gut wie Analysten erwartet hatten. Der bereinigte operative Gewinn (EBIT) fiel mit 6,88 Milliarden Euro um gut 11 Prozent schwächer aus als im Vorjahr und lag damit am unteren Ende der angepeilten Spanne von 6,8 bis 7,2 Milliarden. Analysten hatten im Schnitt mit 6,95 Milliarden und damit etwas mehr gerechnet. BASF machten die gestiegenen Energiekosten zu schaffen. Allein höhere Preise und positive Währungseffekte ließen die Einnahmen um 11 Prozent auf 87,3 Milliarden Euro steigen.

Die BASF-Aktie wird von Händlern an der Frankfurter Börse heute deutlich unter Druck gesehen. Nachbörslich am Abend nach Bekanntgabe der Zahlen hatte sie 4 Prozent eingebüßt.

Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com

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January 18, 2023 01:38 ET (06:38 GMT)