Von Jon Sindreu

PARIS (Dow Jones)--Können Lieferschwierigkeiten im Luftfahrtbereich durch reine Willenskraft behoben werden? Airbus hat darauf gewettet - und das ist nicht gutgegangen.

Die Aktie des europäischen Flugzeugbauers fällt am Dienstag um etwa 12 Prozent und macht damit alle Kursgewinne seit November 2023 zunichte. Am Vorabend hatte der Konzern seinen Ausblick für Auslieferungen und Gewinn im Gesamtjahr gesenkt.

Ein Grund sind Probleme im Bereich Raumfahrt, für die Airbus eine Belastung von 900 Millionen Euro buchte. Der andere sind die anhaltenden Produktionsbeschränkungen im Zivilflugzeugbereich: Statt 800 Maschinen wird Airbus dieses Jahr voraussichtlich nur 770 Stück ausliefern. Schon die Mai-Auslieferungen hatten mit 53 Flugzeugen nach 61 im April enttäuscht.

Theoretisch sollte die Krise bei Boeing, dessen Marktwert in diesem Jahr allein um 30 Prozent eingebrochen ist, seinem einzigen Rivalen die uneingeschränkte Lufthoheit ermöglichen, auch wenn einige Airlines lieber nicht den Lieferanten wechseln wollen. 2021 nahm Airbus noch an, dass der Konzern Geld drucken würde, wenn er nur genügend Flugzeuge herstellen könnte, und behielt seine langfristigen Produktionsprognosen trotz Pandemie bei.

Aus Nachfragesicht behielten die Manager Recht. Die Erholung im Reisebereich ist stark. Die Airlines erhöhen reihenweise ihre Kapazitäten.

Die Angebotsseite ist eine andere Geschichte. Als wäre das Hochfahren der Produktion allein nicht schwierig genug, gibt es Probleme bei neuen Turbofan-Triebwerken. Der Airbus-Bestseller A320neo kann mit Triebwerken von Pratt & Whitney oder CFM Internationala, einem Joint Venture von GE Aerospace und Safran, bestückt werden. CEO Guillaume Faury sagte am Montag, dass beide knapp seien. Hinzu kommen Probleme bei Lieferanten wie Spirit Aerosystems und ein Mangel an Interieur.

Es scheint nun klar zu sein, dass Faurys Produktionsziele zu optimistisch waren. 2022 war er von Investoren, die noch ehrgeizige Ziele wollten, herausgefordert worden, und bekannte sich dazu, in den folgenden drei Jahren eine Produktionsrate von 75 Stück pro Monat beim A320s zu erreichen. Triebwerkshersteller warnten relativ schnell, dass das relativ unrealistisch sei. Airbus verfehlte seine Lieferziele in dem Jahr und verschob das A320-Ziel auf 2026. Jetzt wurde es nochmal um ein Jahr verschoben.

Den Lieferanten positive Signale zu geben, hätte der Branche Sicherheit geben können, wichtige Investitionen auslösen und die Luftfahrt-Pipeline ausmisten helfen können. Aber so kam es nicht. Es könnte sein, dass Airbus nicht zum letzten Mal etwas Schub rausnehmen muss.

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June 25, 2024 09:22 ET (13:22 GMT)