"Deutschland hat fast alles in der Energiekrise richtig gemacht. Aber zu glauben, wir hätten alles getan, um die nächste Krise zu meistern, ist falsch. Wir sind noch nicht durch", sagte Krebber in einem Interview mit den Magazinen "Stern" und "Capital". In vielen Köpfen sei die Krise "fast schon wieder abgehakt. Und es kommen wieder andere Reflexe", sagte Krebber.

Als Beispiel nannte er die Diskussion, ob die Bundesregierung bei den Terminals für den Import von Flüssigerdgas (LNG) zu großzügig plane. "Es kann sein, dass die LNG-Terminals nicht voll ausgelastet werden. Aber man braucht sie als Versicherungsprämie." Der RWE-Chef verwies darauf, dass Russland aktuell über die Ukraine-Pipeline seinen Lieferverpflichtungen nachkomme. "Wenn man glaubt, das bleibt so, braucht man weniger Terminals. Wenn man sich absichern will, braucht man die Infrastruktur." 

Forderungen aus Union und FDP nach einer weiteren Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke wies Krebber zurück. "Die Diskussion um die drei verbliebenen Kernkraftwerke ist für den langfristigen Umbau, für die Energieversorgung Deutschlands und Europas nicht die relevante Frage. Wir sollten nicht so viel politisches Kapital dafür verbrennen." RWE betreibt das Atomkraftwerk Emsland, das neben den Meilern Isar 2 und Neckarwestheim aktuell noch am Netz ist. Die letzten verbliebenen AKW in Deutschland sollen zum 15. April abgeschaltet werden.

Der Strompreis habe mit 35 bis 40 Cent je Kilowattstunde ein "neues Normalniveau erreicht", sagte Krebber. Mittelfristig prognostizierte er sinkende Strompreise. "Wir brauchen etwa fünf Jahre bis die dringenden Investitionen in das neue Energiesystem ihre Wirkung entfalten. Danach kann sich das Preisniveau auch wieder entspannen." Die Sicherheit der Versorgung in Deutschland sei gesichert, Strom sei noch genug da. "Für die nächsten Jahre brauchen wir uns keine Sorgen zu machen."

(Von Hans Seidenstücker, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)