Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin kritisierte am Freitag, die Resultate deuteten auf viele Kompromisse und wenige richtungsweisende Reformen hin: "Es fehlt eine klare Vision und es fehlen mutige Reformen, die Deutschland zukunftsfähig machen könnten", erklärte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Positiv zu bewerten sei allerdings der Plan, das Kooperationsverbot in der Bildung abzuschaffen, damit auch der Bund mehr Verantwortung für die Qualität der Bildung übernehmen könne: "Positiv ist ebenso das Versprechen, mehr Langzeitarbeitslose zu integrieren. Vor allem aber ist das Bekenntnis zu Europa erfreulich", betonte Fratzscher.

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sagte, die Sondierer stellten die "Weichen in Richtung mehr Staat und hohe Steuern". In der Finanzpolitik liege der Schwerpunkt des Programms in Ausgabensteigerungen, vor allem im Ausbau von Sozialleistungen: "Einkommensteuer-Senkungen finden praktisch nicht statt, es gibt keine Änderungen beim Einkommensteuertarif."

Beim Solidaritätszuschlag solle es nur eine Entlastung von zehn Milliarden Euro für den Zeitraum 2018 bis 2021 geben, was bei Einnahmen aus dem Soli von rund 80 Milliarden Euro in diesen vier Jahren "sehr wenig" sei. Die Soli-Senkung gleiche den Anstieg der Steuerquote durch kalte Progression nicht aus. Durch die geplante Freigrenze beim Soli würden Bezieher höherer Einkommen von "jeglicher Steuerentlastung ausgeschlossen", so der Steuerexperte. Mit ihrer Grundsatzvereinbarung für eine gemeinsame Regierung hatten sich die Sondierer auch in der Wirtschaft zum Teil harsche Kritik eingehandelt.[nL8N1P730T]