Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung von Unicredit-Analyst Francesco Maria Di Bella im zweiten Quartal des nächsten Jahres damit beginnen, ihre unter dem APP-Programm erworbenen Anleihebestände zu verkleinern. Das wird nach seinen Berechnungen im Verein mit in etwa unveränderten Nettostaatsanleiheemissionen dazu führen, dass private Marktteilnehmer Staatsanleihen für 500 Milliarden Euro aufnehmen müssen - so viele wie zuletzt 2010.

Di Bella geht von der Annahme aus, dass die EZB 2023 die Tilgungsbeträge fällig gewordener Anleihen für 130 Milliarden Euro nicht wiederanlegen wird, darunter Staatsanleihen für 90 Milliarden Euro. Diese quantitative Straffung (QT) falle zusammen mit einem erhöhten Nettoangebot an Staatsanleihen, da die Euro-Länder weiterhin einen hohen Nettokreditbedarf haben dürften.

"Die privaten Anleger, die im Gegensatz zur EZB preissensibel sind, werden daher ihre Anleihekäufe ausweiten müssen. Dies könnte - zumal angesichts der jüngsten Rally - zu einem gewissen Verkaufsdruck bei europäischen Staatsanleihen führen, insbesondere zu Beginn des Jahres", kalkuliert der Analyst. Unicredit rechne jedoch mit einem nur begrenzten Anstieg der Renditen, da man davon ausgehe, dass der APP-Portfolioabbau allmählich erfolgen werde.

"Darüber hinaus rechnen wir nicht mit einer signifikanten Ausweitung der Spreads von Staatsanleihen, da die EZB über wirksame Instrumente zur Bekämpfung der Fragmentierung verfügt." Die EZB will am 15. Dezember über die Grundzüge des geplanten Bilanzabbaus informieren.

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December 01, 2022 06:18 ET (11:18 GMT)