Berlin (Reuters) - Wirtschaftsexperten zufolge ist das Risiko einer Rezession unter den europäischen Ländern in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien mit jeweils 38 Prozent mit am höchsten.

Nur in der Ukraine sei die Wahrscheinlichkeit mit 41 Prozent noch ausgeprägter, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik hervorging. Die Experten nannten geopolitische Ereignisse mit 43 Prozent und Energiepreise mit 33 Prozent als Hauptfaktoren für die erhöhten Rezessionswahrscheinlichkeiten, sagte Ifo-Forscher Philipp Heil.

Als technische Rezession wird ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen bezeichnet. Die deutsche Wirtschaft war im vierten Quartal 2023 um 0,3 Prozent geschrumpft. Die Bundesbank geht davon aus, dass die Wirtschaft im laufenden ersten Vierteljahr "bestenfalls stagnieren" wird.

Auch Firmenchefs blicken einer Umfrage der Beratungsfirma EY zufolge eher pessimistisch auf die kommenden Monate. Nur etwas mehr als die Hälfte der deutschen CEOs rechnen demnach mit einem Umsatzwachstum in diesem Jahr, während 17 Prozent von einem Rückgang ausgehen. Diese Erwartungen sind deutlich negativer als die der weltweit befragten Chefs: Hier rechnen 64 Prozent mit Wachstum und nur sechs Prozent mit einer rückläufigen Umsatzentwicklung.

TRANSAKTIONSPLÄNE DER DEUTSCHEN FIRMEN ERREICHEN TIEFPUNKT

"In der aktuellen Phase der Unsicherheit werden gerade große Investitionsvorhaben sehr gründlich überdacht", sagte EY-Experte Constantin Gall. Nur jedes fünfte Unternehmen hierzulande plane der Umfrage zufolge eine Fusion oder Übernahme in den kommenden zwölf Monaten. Damit seien die Transaktionspläne auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2010 gefallen. "Die Stimmung ist aktuell in kaum einem Land so schlecht wie in Deutschland", sagte Gall. Das habe vor allem mit der starken Internationalisierung deutscher Firmen und die erwartete Verschärfung der geopolitischen Lage zu tun.

Das geopolitische Geschehen spielt auch bei der Rezessionswahrscheinlichkeit eine Rolle. Weltweit sehen die vom Ifo-Institut und dem Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik befragten Experten vor allem ein hohes Risiko in Ländern, die in jüngster Vergangenheit politische Turbulenzen erlebten. Dazu gehören unter anderem Israel (44 Prozent), Ecuador (48 Prozent) und Argentinien (61 Prozent).

Weniger besorgt zeigten sich die Befragten mit Blick auf die Schweiz (17 Prozent), Irland (20 Prozent), Spanien (22 Prozent), Frankreich (23 Prozent), den USA (26 Prozent), Italien (27 Prozent), Österreich (29 Prozent) oder Belgien (29 Prozent). Der globale Durchschnitt habe bei 26 Prozent gelegen.

(Bericht von Nette Nöstlinger; redigiert von Rene Wagner)