Frankfurt (Reuters) - Spekulationen auf eine Waffenruhe in der Ukraine und die Aussicht auf Hilfen für die gebeutelten chinesischen Technologiefirmen beflügeln europäische Börsen.

Gleichzeitig fieberten Investoren am Mittwoch dem Zinsentscheid der US-Notenbank entgegen.

Der Dax stieg um 2,5 Prozent auf 14.264 Punkte, der EuroStoxx50 kletterte um drei Prozent auf 3851 Zähler. Der US-Standardwerteindex Dow Jones gewann ein knappes Prozent. Mit Euro deckten sich Anleger ebenfalls ein und bescherten der Gemeinschaftswährung ein Plus von 0,4 Prozent auf 1,0990 Dollar. Aus "sicheren Häfen" wie Bundesanleihen zogen sie sich dagegen zurück und trieben die Rendite der zehnjährigen Titel auf 0,38 Prozent.

Am Rohölmarkt ließ der Verkaufsdruck nach. Die Sorte Brent aus der Nordsee notierte 1,3 Prozent im Plus bei 101,20 Dollar je Barrel (159 Liter), nachdem ihr Preis am Dienstag um 6,5 Prozent gefallen war. "Hinweise für Fortschritte bei den Waffenstillstandsverhandlungen dämpfen die Furcht vor Lieferausfällen", sagte Analyst Stephen Brennock vom Brokerhaus PVM Oil Associates. "Bis zu einem Ende der Feindseligkeiten ist es aber noch ein langer Weg."

CHINESISCHE TECHNOLOGIEWERTE HEBEN AB

Unterdessen stellte der stellvertretende chinesische Ministerpräsident Liu He nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua Konjunkturhilfen und eine Förderung der internetbasierten Industrie in Aussicht. "Noch im letzten Jahr konnte Chinas Regierung nicht genug davon bekommen, die Daumenschrauben für die Technologieunternehmen des Landes immer noch ein wenig weiter anzuziehen", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Jetzt aber scheint der Punkt gekommen, wo weitere Verluste systemrelevant werden könnten."

Der Honkonger Technologieindex verbuchte daraufhin mit einem Plus von gut 22 Prozent den größten Tagesgewinn seiner Geschichte. Sein europäisches Pendant gewann knapp fünf Prozent. Die Aktien des Finanzinvestors Prosus, der am chinesischen Technologiekonzern Tencent beteiligt ist, rückten in Amsterdam 21 Prozent vor.

Lius Aussagen schürten zudem Hoffnungen auf ein beschleunigtes Wachstum der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft, nachdem mehrere Coronavirus-Ausbrücke und Lockdowns für mehrere Wirtschaftsmetropolen Konjunkturängste geweckt hatten. Dies verhalf dem Industriemetall Kupfer zu einem Kursplus von zwei Prozent auf 10.095 Dollar je Tonne. Bei europäischen Luxusgüter-Herstellern, für die China ein wichtiger Absatzmarkt ist, stiegen sie ebenfalls wieder ein. Die Aktien von LVMH, Kering oder Richemont stiegen um bis zu sieben Prozent.

BEI DER FED MACHT DER TON DIE MUSIK

Da eine Zinserhöhung der US-Notenbank um einen Viertel Prozentpunkt als ausgemacht gilt, warten Börsianer gespannt auf die Pressekonferenz des Fed-Chefs Jerome Powell. "Der Fokus liegt auf der Inflationsvorhersage für 2023 und 2024, sagte Stuart Cole, Chef-Volkswirt des Brokerhauses Equiti Capital. "Sie liefert Hinweise, ob die Fed die Inflation in Folge der Ukraine-Krise als kurzfristig oder eher strukturell betrachtet."

Am Anleihemarkt richteten sich die Blicke auf Russland, da im Tagesverlauf Zinszahlungen auf Dollar-Bonds im Volumen von 117 Millionen Dollar fällig werden. Dem russischen Finanzminister Anton Siluanow zufolge hat das Land die Zahlungen geleistet. Wegen des Einmarschs in die Ukraine wurde Russland aber vom Westen mit Sanktionen belegt, die den internationalen Geldtransfer erschweren. Es wäre der erste Zahlungsausfall seit der Russischen Revolution 1917, als die Bolschewiken Schulden aus der Zarenzeit nicht anerkannten. Derzeit sind russische Fremdwährungsanleihen im Gesamtvolumen von etwa 40 Milliarden Dollar im Umlauf.