New York/Bangalore (Reuters) - Trotz der jüngsten Bankenturbulenzen sprudeln die Gewinne der Wall-Street-Institute: Die US-Großbanken JPMorgan, Citi und Wells Fargo bekamen im ersten Quartal kräftigen Rückenwind von der Zinswende der US-Notenbank und konnten damit die Flaute im Investmentbanking wettmachen.

So steigerte der Branchenprimus JPMorgan den Gewinn in den ersten drei Monaten um gut die Hälfte auf 12,6 Milliarden Dollar, wie er am Freitag mitteilte. "Die Verbraucher geben immer noch Geld aus, und die Unternehmen sind in guter Verfassung", sagte JPMorgan-Chef Jamie Dimon. "Aber die Sturmwolken bleiben am Horizont, und die Unruhe in der Bankenbranche kommt jetzt noch hinzu."

Die Geldhäuser fürchten eine Eintrübung der Wirtschaft, weil die Fed an ihrem Zinserhöhungskurs noch länger festhalten will. Sie legten mehr Geld für drohende Kreditausfälle, vor allem am Büroimmobilienmarkt, zurück. Dimon vermutete, dass die Banken bei der Vergabe von Krediten nun restriktiver sein werden.

Im März waren kurz hintereinander die Silicon Valley Bank und die Signature Bank in die Knie gegangen, nachdem Kunden in Panik ihr Geld abzogen. In einer konzertierten Aktion pumpten Großbanken 30 Milliarden Dollar in die First Republic Bank, um sie zu retten. Wenig später musste die Credit Suisse, eine der 30 wichtigsten Banken der Welt, vom Erzrivalen UBS aufgefangen werden, weil das Vertrauen ihrer Kunden massiv gesunken war.

Bei den US-Großbanken bröckelten die Kundeneinlagen im ersten Quartal dagegen nur leicht ab. "Sie wurden in den letzten Jahren so mit Einlagen überschwemmt, dass sie ohnehin nicht wussten, was sie damit anfangen sollten", sagte Octavio Marenzi von der Beratungsfirma Opimas. Mit ihren breit aufgestellten Geschäftsmodellen und vergleichsweise dicken Kapitalpolstern haben sie die Turbulenzen besser überstanden als Regionalbanken. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hatte Mitte März von einem Zufluss an Einlagen berichtet. Es gebe eine "Flucht in Qualität".

Die Anleger atmeten am Freitag auf. JPMorgan-Aktien legten zum Handelsauftakt in New York sieben Prozent zu, Citi vier und Wells Fargo ein Prozent. Vor allem bei JPMorgan hätten alle gebannt darauf geschaut, ob der Branchenriese es schaffen würde, die Analystenprognosen zu übertreffen, sagte Marktstratege Art Hogan von B Riley Wealth. Am Ende lag der Gewinn je Aktie mit 4,32 Dollar deutlich über den erwarteten 3,41 Dollar. "Das gibt der Aktie - und dem gesamten Markt - Vertrauen", sagte Hogan. In Frankfurt legten Deutsche Bank und Commerzbank jeweils mehr als vier Prozent zu.

Die Erträge bei JPMorgan schossen um 25 Prozent auf den Rekordwert von 38,3 Milliarden Dollar, der Zinsüberschuss stieg um 49 Prozent auf 20,8 Milliarden Dollar. Damit ließen sich die um gut die Hälfte auf 2,3 Milliarden Dollar geschnellten Rückstellungen für faule Kredite mehr als wettmachen. Die Erlöse im Investmentbanking schrumpften um fast ein Drittel, weil sich Unternehmen mit Fusionen und Börsengängen zurückhalten, bei denen sie die Banken begleiten. Beim Rivalen Citi sanken die Einnahmen aus dem Investmentbanking um ein Viertel. Der Gewinn stieg dennoch um sieben Prozent auf 4,6 Milliarden Dollar, weil der Zinsüberschuss um 23 Prozent wuchs.

Ähnlich das Bild bei Wells Fargo in San Francisco: Die Bank hatte vor einem Jahr noch 787 Millionen Dollar Risikovorsorge auflösen können, nun stellte sie 1,21 Milliarden dafür zurück - die Hälfte davon für Büroimmobilien-Kredite, die 16 Prozent des Immobilienkredit-Bestands ausmachen. Wells-Fargo-Finanzvorstand Mike Santomassimo macht sich aber keine großen Sorgen: "Angesichts der Zinserhöhungen erwarten wir, dass sich die Konjunktur etwas verlangsamt - aber nicht besonders stark. Das sieht man auch am Arbeitsmarkt." Im ersten Quartal trieb ein um 45 Prozent gestiegener Zinsüberschuss den Gewinn um fast ein Drittel auf 4,99 Milliarden Dollar.

Die US-Notenbank hat die Zinsen binnen Jahresfrist von nahe null auf 4,75 bis 5,00 Prozent nach oben getrieben, um die hohe Inflation einzufangen und den heiß gelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen.

(Bericht: Noor Zainab Hussain, Niket Nishant und Nupur Anand; Geschrieben von Hans Seidenstücker und Alexander Hübner; redigiert von Sabine Wollrab; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)