Peking (Reuters) - US-Außenminister Antony Blinken hat bei einem Besuch in China Kritik an der Haltung des Landes im Ukraine-Krieg geäußert.

Er habe erneut die ernste Besorgnis der USA angesichts chinesischer Lieferungen an die russische Rüstungsindustrie zum Ausdruck gebracht, sagte Blinken am Freitag vor der Presse. Bei den Exporten handele sich um Komponenten, "die den brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine antreiben". China pflegt enge Beziehungen zu Russland, hat dem Partner nach eigenen Angaben aber keine Waffen für den Ukraine-Krieg geliefert. Chinas Außenminister Wang Yi und auch Präsident Xi Jinping warfen Blinken ihrerseits vor, dass die USA die wirtschaftliche Entwicklung der Volksrepublik zu unterdrücken versuchten. Die USA beklagen unter anderem chinesische Billig-Exporte.

China sei Russlands Hauptlieferant unter anderem von Werkzeugmaschinen, Mikroelektronik und Chemikalien, die für die Herstellung von Munition und Raketentreibstoffen unerlässlich seien, sagte Blinken. Auch andere Güter mit doppelter Nutzungsmöglichkeit ("Dual Use") aus China setze Russland zum Ausbau seiner Rüstungsindustrie ein. China pocht darauf, dass die normalen Handelsbeziehungen zwischen Russland und China nicht gestört oder eingeschränkt werden dürfen.

Blinkens Besuch in Peking fällt in eine Zeit, in der verschiedenste Streitpunkte die jüngste Verbesserung in den US-chinesischen Beziehungen gefährden könnten. Neben der Haltung Chinas im Ukraine-Krieg sind dies auf politischer Ebene auch das demokratisch regierte Taiwan, das die Pekinger Führung als abtrünnige Provinz betrachtet, und Gebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer. Auch diese Themen seien von Blinken angesprochen worden, erklärte ein Sprecher seines Ministeriums. Das Gespräch mit Wang dauerte demnach fünfeinhalb Stunden.

STREITPUNKT ÜBERKAPAZITÄTEN DER CHINESISCHEN INDUSTRIE

Blinkens Besuch in Peking gehört zu einer Reihe hochrangiger Austäusche zwischen den USA und China, die auf eine Entspannung der zwischenzeitlich sehr schlechten Beziehungen zurückgehen. Beide Seiten setzen nun auf direkte persönliche Kontakte, um Missverständnisse zu vermeiden. So empfing US-Präsident Joe Biden Staatschef Xi im November in San Francisco. Doch die zahlreichen Konfliktthemen haben weiterhin das Potenzial, das Verhältnis zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt zu belasten.

"Die Beziehungen sind mit allen Arten von Störungen konfrontiert", sagte Wang gegenüber Blinken. "Chinas legitime Rechte auf Entwicklung werden in unangemessener Weise unterdrückt." So sollten die USA nicht das Thema angeblicher chinesischer Überkapazitäten auf den Weltmärkten in den Vordergrund stellen. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte erst kürzlich betont, dass Bidens Regierung keinerlei Maßnahmen ausschließe, um auf Industrie-Überkapazitäten zu reagieren.

Xi bekräftigte, dass für ihn die Grundlage guter US-chinesischer Beziehungen in der Wirtschaft liege und dass die USA Chinas Entwicklung ausbremsen wollten. "Dies ist ein grundlegendes Problem, das angegangen werden muss", sagte Xi. Erst dann könnten sich die US-chinesischen Beziehungen wirklich stabilisieren und verbessern. Es sei wie der erste Knopf eines Hemdes, der zunächst einmal an der richtigen Stelle geknöpft werden müsse.

(Bericht von Simon Lewis, geschrieben von Alexandra Falk und Elke Ahlswede, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)