Brüssel/Berlin (Reuters) - Europas größte Telekomkonzerne wollen einen Teil der immensen Kosten für den Ausbau der Netze auf die US-Tech-Giganten übertragen.

Dazu rief Deutsche-Telekom-Chef Timotheus Höttges zusammen mit zwölf anderen Vorstandsvorsitzenden in einem Schreiben vom Montag auf, in das Reuters Einsicht nehmen konnte. Sie begründen ihre Forderung mit der hohen Datennutzung und Netzeauslastung durch Dienste wie Netflix, Googles YouTube und Facebook.

"Ein großer und wachsender Teil des Netzwerkverkehrs wird von großen US-Plattformen generiert und monetarisiert, aber das erfordert kontinuierliche, intensive Netzwerkinvestitionen und Planung durch den Telekommunikationssektor", schrieben die Vorstandsvorsitzenden in einer gemeinsamen Erklärung. Dieses Modell könne nur dann nachhaltig sein, wenn die großen Tech-Plattformen auch einen "fairen Beitrag" zu den Kosten leisten würden.

Die Investitionen im europäischen Telekommunikationssektor stiegen im vergangenen Jahr mit 52,5 Milliarden Euro auf ein Sechsjahreshoch. Ab 2022 will allein die Telekom für den Ausbau in Deutschland jährlich sechs Milliarden Euro aufbringen. Um diese Ausgaben stemmen zu können, benötigen die Telekomkonzerne Hilfe. Vielerorts tun sie sich inzwischen mit langfristig orientierten Investoren zusammen. So hat der Bonner Dax-Konzern ein Joint-Venture mit dem Infrastrukturinvestor IFM aus Australien geschlossen, um gigabitfähige Anschlüsse in der Bundesrepublik zu bauen. In Österreich und Polen soll die Telekom nach ähnlichen Deals Ausschau halten, wie das "Handelsblatt" berichtet. In Österreich will die Allianz mit einer Milliardeninvestition zum größten Glasfaser-Betreiber aufsteigen.

Zu den Unterzeichnern gehören neben der Telekom und Vodafone, Telefonica, Orange, KPN, BT Group, Telekom Austria, Vivacom, Proximus, Telenor, Altice Portugal, Telia und Swisscom. Namen von Techfirmen wurden in dem Schreiben nicht genannt, allerdings ist in der Corona-Krise die Nachfrage nach Streamingdiensten wie Netflix und Disney, YouTube und Spotify rasant gestiegen.

Neben den massiven Investitionen in 5G-, Glasfaser- und Kabelnetze und die fehlende Beteiligung von Techfirmen an den Kosten kritisierten die Telekom-Vorstandschefs die hohen Preise, die von ihnen bei Frequenzauktionen aufgebracht werden müssen. Sie würden von den jeweiligen Regierungen als "Melkkühe" missbraucht, hieß es. Auch die Versuche von EU-Politikern, die Aufpreise auf Anrufe innerhalb der Europäischen Union abzuschaffen, wurden von den Vorstandschefs abgekanzelt.