BERLIN (Dow Jones)--Deutschland könnte sein Klimaziel 2050 mit deutlichen technischen Anstrengungen auch schon fünf Jahre früher erreichen. Dies würde knapp 1 Milliarde Tonnen CO2 einsparen, heißt es in einer neuen Studie der drei Klimaschutzorganisationen Stiftung Klimaneutralität, Agora Energiewende und Agora Verkehrswende. Als Zwischenziel wäre es dazu nötig, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent statt wie bisher um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken.

Über die konkrete Umsetzung des strengeren EU-Klimaziels in Deutschland ringen die Parteien allerdings noch. Um das Szenario "Klimaneutralität 2045" zu erreichen, müssten laut der Studie Klimaschutztechnologien wie Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Elektrifizierung und Wasserstoff deutlich schneller hochgefahren werden. Die Autoren unterstellten dabei keine Verhaltensänderungen in der Bevölkerung, um zu zeigen, welche Minderungen allein durch ökonomisch-technische Strategien möglich seien.

"Der einschneidende Kurswechsel in den Vereinigten Staaten verdeutlicht die wachsende Dynamik bei der Klimaambition", erklärte der Direktor der Stiftung Klimaneutralität, Rainer Baake. Deshalb müsse auch Deutschland beim Klimaschutz schneller werden. "Was wir jetzt brauchen, ist der politische Wille, das auch umzusetzen."


   Erneuerbaren-Verbrauch steigt um 60 Prozent 

Der Ökostromverbrauch müsste demnach von 2030 bis 2045 um knapp 60 Prozent auf etwa 1.000 Terawattstunden wachsen - vor allem durch die weitere Elektrifizierung sowie die steigende inländische Herstellung von Wasserstoff. Die Experten hatten zuvor in einer Studie bereits vorgerechnet, wie die bislang von der Bundesregierung angepeilte Treibhausgasneutralität 2050 zu erreichen wäre. Demgegenüber wäre für eine vorzeitige Zielerreichung eine Steigerung von 70 Gigawatt auf 385 Gigawatt Photovoltaik nötig. Bei der Windkraft wären für das Jahr 2045 Erhöhungen der installierten Leistung von 17 Gigawatt an Land und 9 Gigawatt auf See nötig.

In der Industrie wäre die weitestgehende Klimaneutralität bereits 2040 erreicht, im Gebäudebereich steigt die mittlere jährliche Sanierungsrate zwischen 2030 und 2045 auf annähernd 1,75 Prozent. Um die Verkehrswende zu erreichen, müssten Verbrennungsmotoren bereits 2032 verboten, also nicht mehr zu zugelassen werden. Bis zum Zieljahr würden nahezu alle Fahrzeuge durch E-Pkw ersetzt, Güterverkehre, Busse und Bahnen fast komplett mit batterieelektrischen, Oberleitungs- und Brennstoffzellenfahrzeugen betrieben. In der Landwirtschaft wären ein Umbau der Tierbestände und die Vergärung hoher Wirtschaftsdüngeranteile in Biogasanlagen nötig. Außerdem wird eine steigende Nachfrage nach pflanzlichen und synthetischen Ersatzprodukten für Fleisch und Milch unterstellt.

Kontakt zur Autorin: petra.sorge@wsj.com

DJG/pso/jhe

(END) Dow Jones Newswires

April 26, 2021 04:45 ET (08:45 GMT)