FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist im Oktober auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020 gefallen. Allerdings gab das Ifo-Geschäftsklima zum Vormonat nur leicht um 0,1 Punkte auf 84,3 Zähler nach, wie das Ifo-Institut am Dienstag in München mitteilte. Ökonomen hatten eine deutlich stärkere Eintrübung auf im Schnitt 83,5 Punkte erwartet. Bereits im Vormonat war Deutschlands wichtigstes Konjunkturbarometer gesunken.

Das sagen Ökonomen zu der Entwicklung:

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt ING:

"Deutschlands wichtigster Frühindikator hat erste Signale gesendet, dass sich die Lage zumindest nicht verschlechtert. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass es bald auch besser wird. Zwar ließ das Wetter die deutsche Wirtschaft etwas aufatmen, weil Regenfälle die Wasserstände füllten und hohe Temperaturen die Heizsaison aufschieben. Allerdings geht das Abgleiten in die Rezession weiter."

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank:

"Dass das Ifo-Geschäftsklima im Oktober faktisch nicht weiter gefallen ist, ist keine Entwarnung. Denn im Vormonat war das Geschäftsklima förmlich eingebrochen. Das Geschäftsklima befindet sich weiter auf Niveaus, bei denen die deutsche Wirtschaft in der Vergangenheit geschrumpft war. Das gilt auch für den recht zuverlässigen Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor im Euroraum. Wir erwarten weiter, dass die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr schrumpfen wird."

Andreas Scheuerle, Analyst Deka-Bank:

"Die gute Nachricht ist: Die Stimmung der deutschen Unternehmen hat sich im Oktober nur unwesentlich eingetrübt. Das darf man getrost auch auf die von der Bundesregierung beschlossenen Energiepreisbremsen zurückführen. Diese werden im kommenden Frühjahr wirksam und tragen so zur Stabilisierung der Geschäftserwartungen bei. Für die nahe Zukunft braut sich aber zunehmend Ungemach zusammen: Immer häufiger berichten die Unternehmen von Nachfragerückgängen, die die Ertragslage dämpfen werden, während gleichzeitig die Kostenbelastung weiter ansteigen wird."

Melanie Debono, Ökonomin Pantheon Economics:

"Alles in allem war die Veröffentlichung besser als erwartet, aber immer noch nicht genug, um uns davon zu überzeugen, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Quartal der Rezession entkommen wird. Was die Inflation betrifft, so rechnet jedes zweite Unternehmen in den kommenden drei Monaten mit Preiserhöhungen. Das unterstreicht unsere Einschätzung, dass die Inflation in nächster Zeit hoch bleiben wird."

Tobias Basse, Analyst NordLB:

"Die Zahlen zum ifo-Geschäftsklima stellen zwar eher eine positive Überraschung dar, die deutsche Wirtschaft steuert aber dennoch mit Volldampf auf eine Rezession zu. Die Unternehmen leiden weiterhin unter der extrem angespannten geopolitischen Lage, der ausgeprägten Verunsicherung bezüglich der Entwicklung der Energiepreise im Winter und den noch immer gestressten Lieferketten. Auch wenn sich bei den letzten zwei Einflussfaktoren langsam etwas Licht am Ende des Tunnels abzuzeichnen scheint, bleibt die Stimmung in der deutschen Wirtschaft offenkundig eingetrübt."/jcf/jsl/jha/