Krankenkassen: Wenn die Reserven schmelzen wie der Schnee in der
Sonne...
Berlin (ots) - Den meisten bundesdeutschen gesetzlichen Krankenkassen brechen 
seit Jahren die Anfang des letzten Jahrzehntes angesammelten Vermögen und 
Rücklagen weg. Neben superreichen Kassen, die oft genug im Osten der 
Bundesrepublik angesiedelt sind (z.B. die AOK Sachsen-Anhalt), existieren 
bereits Körperschaften, die in 2020 der finanziellen Hilfe ihrer Kassenart 
bedürfen könnten. Angesichts der aufgelaufenen Defizite sind im 
Fünf-Jahres-Vergleich viele Bilanzen tiefrot gefärbt. Die Gefahr höher 
steigender Zusatzbeiträge für die Kassenmitglieder rückt daher immer näher.
Das 
ergaben die Recherchen des führenden Berliner gesundheitspolitischen 
Hintergrunddienstes "dfg - Dienst für Gesellschaftspolitik". Der "dfg" wertet 
seit Jahren zusammen mit dem führenden gesundheitsökonomischen 
Forschungsinstitut, der WIG2 GmbH in Leipzig, die veröffentlichten Bilanzen der 
gesetzlichen Krankenkassen aus.

Am 30. November 2019 existierten in Deutschland noch 109 Krankenkassen. Diese 
mußten zu diesem Stichtag ihre Bilanzen für 2018 im Bundesanzeiger 
veröffentlichen. Einige Ergebnisse sind erschreckend. So wiesen bei den 
Beständen der "Gesamtvermögen" z.B. im direkten Vergleich 2017 zu 2018 allein 33
Körperschaften ein negatives Ergebnis aus. Ein Abbau der "Rücklagen" fand im 
gleichen Zeitraum bei 15 Kassen statt. Noch tiefroter sehen sogar die 
Fünf-Jahres-Vergleiche aus. Von Ende 2014 bis Ende 2018 schmolz bei 49 
Körperschaften das Gesamtvermögen, also fast bei jeder zweiten. Und 23 bauten 
innerhalb von fünf Jahren ihre aufgebauten Rücklagen ab. Die Mär von den immer

reicheren Krankenkassen trifft also nicht auf alle zu. Da die Große Koalition 
seit Jahren den Kassen immer mehr neue Leistungen in Milliarden-EUR-Höhe 
aufbürdet, dürften sich die Konten vieler Kassen immer schneller leeren.

Deutschlands reichste Kasse war zum Stichtag 31. Dezember 2018 wieder einmal die
AOK Sachsen-Anhalt. Mit einem pro-Kopf-Gesamtvermögen von 1.200,86 EUR je 
Versicherten schoß sie den Vogel ab. Mehr als das Dreizehnfache der "ärmsten" 
Kasse, die aus Hessen stammt. Wer den Magdeburgern diese Lizenz zum Gelddrucken 
verabreichte, das dürfte wohl nie herauskommen. Eine der kleinsten 
Betriebskrankenkassen (BKKen), die BKK Groz-Beckert, in den letzten Jahren stets
Spitzenreiter des Rankings, folgt der Ortskrankenkasse mit 1.199,72 EUR dicht 
auf dem Fuße. Auf Platz 3 erscheint erneut die BKK Euregio. Vorgerobbt haben 
sich weitere BKKen. Und unter den 25 vermögendsten Körperschaften finden sich 
vier weitere AOKen aus Dresden, Hannover, Bremen und dem hessischen Bad Homburg,
die Bochumer Knappschaft (KBS) und mit der Bremer handelskrankenkasse (hkk) nur 
eine Ersatzkasse. Eine Innungskrankenkasse (IKK) sucht man auf den vorderen 
Plätzen vergeblich.

Unter den 15 ärmsten Kassen finden sich nur mittelgroße BKKen, mit der BIG 
direkt gesund eine IKK, dafür aber mit der DAK Gesundheit, der BARMER und der 
KKH gleich drei Ersatzkassen. Ein jüngst im Ersatzkassenverband vdek 
geschlossener Vertrag über freiwillige Finanzhilfen gem. § 265 b SGB V dürfte 
also so seine Berechtigung haben. Schlußlicht ist in diesem Jahr die Melsunger 
BKK Wirtschaft & Finanzen mit einem pro-Kopf-Vermögen von mageren 90,66 EUR je 
Versicherten.

Neben den Vermögen der Krankenkassen sorgen die gesetzlich vorgeschriebenen 
Rücklagen häufig für politischen Zündstoff. Mit mindestens einem Viertel
einer 
Monatsausgabe soll eine Krankenkasse ausreichend vor finanziell kritischen 
Ereignissen abgesichert sein. Andererseits sind die Rücklagen nach oben 
gedeckelt. Sie darf nach dem GKV-VEG nur noch eine volle Monatsausgabe betragen,
2018 war es noch das 1,5fache einer Monatsausgabe. Die "reichen" Kassen horten -
sehr zum Unwillen von CDU-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (39) - ein 
Mehrfaches. Wie schon beim Gesamtvermögen führt die AOK Sachsen-Anhalt auch 
dieses Ranking mit 344,40 EUR je Versicherten an. Neben der AOK PLUS mit 295,53 
EUR konnte auch eine weitere AOK-Schwester ihre Rücklagen stark erhöhen: Von 
136,65 EUR im Jahr 2017 auf 276,34 EUR je Versicherten 2018 erreichte die AOK 
Bremen/ Bremerhaven eine stolze Verdopplung ihrer Rücklagen. In der Liste der 30
Kassen mit den höchsten Rücklagen finden sich neben einigen 
Betriebskrankenkassen auch die Knappschaft (KBS) mit leicht zurückgegangenen 
239,90 EUR sowie die Handelskrankenkasse (hkk) mit leicht gestiegenen 207,99 EUR
pro Versicherten. Mit 38,30 EUR bildete 2018 die BKK Herkules das untere Ende 
des Rankings ab. Die großen Ersatzkassen BARMER und DAK-Gesundheit konnten indes
ihre Rücklagen - wie schon im Jahresvergleich zuvor - weiter stabilisieren.

Anmerkungen und Hinweise:

Dieser Teil II des dfg-GKV-Bilanz-Rankings kann von interessierten Redaktionen 
und Journalisten gerne bei der dfg-Redaktion angefordert werden. Es wurde von 
der dfg-Redaktion in Zusammenarbeit mit der WIG2GmbH, einem der führenden 
gesundheitsökonomischen Forschungsinstitute, erstellt.

Der gesundheitspolitische Hintergrunddienst "dfg - Dienst für 
Gesellschaftspolitik" erscheint seit 1962 wöchentlich und wird von der Berliner 
MC.B Verlag GmbH herausgegeben (www.mcb-verlag.de). Er ist bekannt geworden 
durch seine investigativen Hintergrundberichte und seit 2004 für seine 
dfg-Rankings der Mitglieder und Versicherten aller deutschen Krankenkassen (GKV)
und privaten Krankenversicherungsunternehmen (PKV). Die GKV-Rankings erscheinen 
vierteljährlich, das PKV-Ranking jährlich. Das erste dfg-GKV-Bilanz-Ranking 
erschien 2014.

Kontakte für weitere Informationen:

Chefredakteur Wolfgang G. Lange
Redaktion "dfg - Dienst für Gesellschaftspolitik"
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Martin Blaschka
Institutskommunikation
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