Kratzer im Stern, Kommentar zu Daimler von Sebastian Schmid
Frankfurt (ots) - Wer sein Auto gern auf Hochglanz poliert, kennt das Problem. 
Aus glatten, großen Flächen lassen sich kleinere Kratzer zwar noch leicht 
herauspolieren. An den verwinkelten und kantigen Stellen wie etwa dem 
Mercedes-Stern ist frischer Glanz derweil selten auf die Schnelle zu haben, und 
meist finden sich dort auch schneller neue Makel. Für die Politur eines Sterns 
braucht es eben nicht nur Feinarbeit, sondern auch eine Menge Geduld. Die wird 
derzeit auch den Daimler-Anlegern in hohem Maße abverlangt. Denn der 
Mercedes-Stern hat in den vergangenen eineinhalb Jahren durch Gewinnwarnungen, 
ernüchternde Mittelfristziele und immer neuen Sonderaufwand für behördliche und

gerichtliche Verfahren zahlreiche Kratzer erlitten.

Mit der Gewinnwarnung zum Schlussvierteljahr wird die Problemstellung für den 
neuen Vorstandsvorsitzenden Ola Källenius noch einmal verdeutlicht. Er hat zu 
viele Baustellen, als dass er sie alle zugleich adressieren könnte. In der 
Kernsparte Mercedes-Benz Cars sind zwar echte Fortschritte feststellbar. Der 
Ergebnisrückgang im Quartal liegt deutlich unter dem der vorangegangenen neun 
Monate. Hier dürfte die letzte Zielsetzung einer Ebit-Marge von 3 bis 5 Prozent 
für 2019 dann auch erreicht werden. Dafür weist der Stern an anderen Stellen 
neue Kratzer auf.

Die Van-Sparte, die künftig mit Cars unter demselben Mercedes-Dach geparkt wird,
hat aufgrund unerwartet hoher Rückstellungen für die Bereinigung des 
Dieselskandals sogar das pessimistische Ziel einer negativen Umsatzrendite von 
15 bis 17 Prozent verfehlt. Zudem hat sich die Marktlage im Nutzfahrzeuggeschäft
rasant verschlechtert, was sich bereits in den Absatzzahlen zeigte und sich nun 
auch im Ergebnis niedergeschlagen hat.

Selbst die positive Ergebnisentwicklung von Daimler Mobility mit den Joint 
Ventures, die gemeinsam mit BMW gegründet wurden, dürfte kaum als Anlass für 
Euphorie taugen. Im vierten Quartal hatte sich der Carsharing-Dienst Sharenow 
aus Nordamerika und einigen europäischen Städten verabschiedet, was zu einer 
dreistelligen Millionenbelastung führte.

Dies passiert alles noch vor der anstehenden gewaltigen Transformation im 
Pkw-Geschäft, in dem der Elektro-Anteil binnen zwei Jahren drastisch steigen 
muss, um hohe Strafzahlungen wegen des möglichen Verfehlens der strengeren 
CO2-Flottenemissionsgrenzen in der EU zu vermeiden. Mit der 
Grenzwertverschärfung drohen bereits neue Kratzer im Stern. Daimler-Chef 
Källenius dürfte noch auf Jahre mit Polieren beschäftigt sein.

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