Die Lockerheit der Fed, ein Marktkommentar von Kai Johannsen
Frankfurt (ots) - Die US-Notenbank Fed bleibt erst mal locker. Die
US-Wäh­rungshüter um Chef Jerome Powell ließen auf ihrer Sitzung des
Fed-Offenmarktausschusses die Leitzinsen unverändert und einigten sich darauf,
die Bondkäufe in den nächsten Monaten fortzuführen. Zwar wurde auf der Sitzung
auch über ein mögliches Zurückfahren der Wertpapierkäufe - ein
sogenanntes
Tapering - gesprochen, konkrete Beschlüsse über Zeitpunkt, Umfang und Art und
Weise des Tapering wurden aber nicht gefasst. Mancher im Markt hatte in dieser
Hinsicht schon auf dieser Sitzung mit etwas deutlicheren Hinweisen gerechnet. In
der ersten Reaktion verflachte sich die US-Zinskurve im Bereich der Laufzeiten
von zwei bis zehn Jahren, auch wenn dies mit einer Größenordnung von ein bis
zwei Basispunkten recht überschaubar war. Eine Verflachung der Zinskurve gilt
tendenziell als ein wirtschaftliches Schwächesignal, das der Bondmarkt für die
Zukunft abgibt.

Damit bleibt erst einmal alles beim Alten. Die Fed wird damit wie die
Europäische Zentralbank auch die Geldschleusen offen halten und monatlich weiter
120 Mrd. Dollar in die Anleihemärkte pumpen - 80 Mrd. Dollar in die
US-Staatsanleihen (US-Treasuries) und 40 Mrd. Dollar in hypothekenbesicherte
Wertpapiere (Mortgage-Backed Securities, MBS). Ihre derzeitige akkommodierende
Geldpolitik wollen die US-Notenbanker einerseits so lange aufrechterhalten, bis
erhebliche Fortschritte am US-Arbeitsmarkt - also Vollbeschäftigung - realisiert
sind und andererseits die Inflation das Niveau von 2 Prozent erreicht hat sowie
die Aussicht besteht, dass die Teuerung in den Vereinigten Staaten eine Zeit
lang moderat über diesem Wert liegen wird. Zudem sollen die
Inflationserwartungen auf diesem 2-Prozent-Level gut verankert sein. Dies sind
aus Sicht der Fed zentrale Eckpunkte.

Das lässt natürlich genügend Spielraum, letzten Endes wieder nicht zu handeln
und den ersten Zinsschritt bzw. das Tapering immer weiter zu verschieben - so
wie man es aus der Vergangenheit kennt. Es ist ja letztendlich die Fed, die
entscheidet, ob der Arbeitsmarkt sich in einer ausreichend robusten Verfassung
befindet. In puncto Inflation geht die Fed wie auch die EZB davon aus, dass es
sich bei den Teuerungsschüben nur um ein vorübergehendes Phänomen, aber eben
nicht um dauerhafte Preisgefahren mit Lohn-Preis-Spiralen handelt, die zum
Eingreifen zwingen. Hinzu kommt, dass die Fed erst sehen will, dass die
Inflationsrate dann für eine Zeit lang moderat oberhalb von 2 Prozent liegen
wird - auch das lässt Raum für eigene Interpretationen und etwaige Handlungen
bzw. Nichthandeln.

Das werden aber nicht die einzigen Faktoren sein, die die Fed - wenn es denn mal
so weit ist - in ihr Entscheidungsgefüge mit ­einbezieht. Da sind zum Beispiel
auch noch die Schwellenländer. Sollte die Fed einmal aus der lockeren
Geldpolitik aussteigen wollen, könnten zinsinduzierte Kapitalabflüsse diesen
Ländern erheblich zu schaffen machen. Da diese Länder es sein werden, die unter
der Pandemie auch in wirtschaftlicher Hinsicht heftiger leiden werden als
andere, wird sich die Fed wohl auch dieses Mal - ähnlich wie nach der
Finanzkrise - genau überlegen, ob das dann schon der richtige Zeitpunkt für
einen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik ist. Da die Fed als zögerlich
bekannt ist, lässt sich eine Tendenz zur zu erwartenden Entscheidung recht
schnell ableiten.

Bleibt natürlich noch die Pandemie selbst und ihre wirtschaftlichen
Auswirkungen. Zwar laufen international die Impfprogramme, aber keiner kann
heute sagen, wie heftig eine mögliche vierte Welle eines mutierten
Covid-19-Virus Gesellschaft und Wirtschaft schlussendlich treffen würde. Das
muss abgewartet werden. Im schlimmsten Fall - also hohe Infektionszahlen,
neuerliche Lockdowns und damit erhebliche erneute internationale wirtschaftliche
Beeinträchtigungen, die dann auch die US-Volkswirtschaft empfindlich treffen
könnten - hat sich die Frage nach dem Ausstieg eventuell in ein paar Wochen
schon von selbst beantwortet. Zu hoffen ist das natürlich nicht, aber
auszuschließen eben auch nicht. Das wäre dann auch verbunden mit
Inflationsrückgängen, schwachen Wachstumszahlen und negativen
Wirtschaftserwartungen. Der Bondmarkt würde das mit niedrigen Renditen
quittieren. Die Aktienmärkte könnten heftige Rückschläge erleben, der
Dollar
geschwächt werden. In den nächsten Wochen zeigt sich somit, ob die Fed in naher
Zukunft überhaupt noch von Tapering sprechen kann.

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