Börsen-Zeitung: Vor das R gehört ein T, Kommentar zur deutschen
Konjunktur von Alexandra Baude
   Frankfurt (ots) - Das R-Wort macht die Runde. Allerdings fehlt vor
dem "R" noch ein "t", denn zunächst einmal würde es sich - so es denn
einträfe - um eine technische Rezession handeln. Und tatsächlich ist 
es angesichts zunehmend schwach ausfallender harter Wirtschaftsdaten 
nicht mehr ganz so abwegig, dass es Ende 2018 zum zweiten 
aufeinanderfolgenden Quartal mit negativer Wachstumsrate kommt - 
womit die Definition erfüllt wäre. Im dritten Vierteljahr war die 
hiesige Wirtschaft erstmals seit Anfang 2015 geschrumpft.

   Der Rückblick zeigt, dass es das eben abgelaufene Jahr in sich 
hatte - die extreme Grippewelle, ungünstig fallende Ferien- und 
Brückentage, der eskalierende Handelsstreit zwischen den beiden 
größten Volkswirtschaft der Welt, die schwächelnde China-Konjunktur, 
der sich immer stärker abzeichnende "No deal"-Brexit, die 
Budget-Streitereien zwischen Rom und Brüssel, die französischen 
Gelbwestenproteste und die WLTP-Problematik. Bei dieser sogar noch 
unvollständigen Liste ist es kein Wunder, dass gerade die stark 
exportabhängige deutsche Wirtschaft ins Straucheln kommt.

   Genau das ist es aber, zumindest bislang. Ein Straucheln, aber 
noch lange kein Fallen. Denn ein Hauptbelastungsfaktor beruht auf 
einem Einmaleffekt: dem Auftragsstau der Automobilindustrie wegen der
Umstellung auf den neuen Testzyklus WLTP. Dieser lastet nicht nur auf
den Auftragseingängen sowie der Produktion, sondern hat auch beim 
privaten Konsum, den Exporten sowie den Lagerinvestitionen seine 
Spuren hinterlassen. Die Nachholeffekte lassen zwar auf sich warten, 
werden aber noch kommen.

   Nicht ins Bockshorn jagen lassen sollte man sich auch von den 
stetig sinkenden Stimmungsindikatoren wie etwa dem von der 
EU-Kommission erhobenen ESI, dem Ifo-Geschäftsklima oder dem 
Einkaufsmanagerindex - sie liegen immer noch auf erhöhtem Niveau und 
dürften mittlerweile das Konjunkturbild risikobedingt in ein zu 
tiefes Schwarz getaucht haben. Auch die anhaltend guten 
Rahmenbedingungen werden sich so schnell nicht ändern: Die EZB hält 
die Zinsen bis weit ins eben begonnene Jahr hinein niedrig, der 
Arbeitsmarkt boomt, die Beschäftigung steigt ebenso wie die 
Reallöhne.

   Mögen zwar die Wachstumsraten angesichts dieser Aufzählung 
enttäuschend sein, doch im Großen und Ganzen hält die wirtschaftliche
Erholung an. Die zuletzt von fast allen Volkswirten und Instituten 
sowie der Bundesregierung gesenkten Wachstumsprognosen zeigen nur, 
dass der konjunkturelle Höhenflug beendet ist. Von einer 
tatsächlichen Rezession sind wir noch weit entfernt.

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