Börsen-Zeitung: Trumpfkarte Stabilität, Kommentar zu Siemens von
Michael Flämig
   Frankfurt (ots) - Siemens ist mit einem Einbruch des operativen 
Gewinns von 14% ins Geschäftsjahr gestartet. Das ist keine gute 
Nachricht. Trotzdem gibt es keinen Grund für Alarmstimmung. Im 
Gegenteil. Dies zeigt bereits die Reaktion der Aktieninvestoren, die 
dem Siemens-Papier am Mittwoch ein besseres Abschneiden als dem 
Deutschen Aktienindex zubilligten.

   Für diese Outperformance sorgte auch die Tatsache, dass der 
Gewinnrückgang auf der dividendenrelevanten Ebene des Nettogewinns in
ein Plus von 12% umgewandelt werden konnte - US-Steuerreform und 
Verkauf der Osram-Anteile sei Dank. Wichtiger als dieser Sondereffekt
von addiert 1,1 Mrd. Euro ist jedoch eine andere Erkenntnis des 
ersten Quartals: Siemens gewinnt Stabilität und kann mit dieser 
Resilienz auch widrige Faktoren abwettern.

   Die Diagnose mag angesichts der operativen Bremsspuren erstaunen. 
Doch im fünften Jahr unter Vorstandschef Joe Kaeser steckt Siemens 
einen plötzlichen Gegenwind an den Währungsmärkten weg, ohne die 
Prognose korrigieren zu müssen. Andere Konzerne besitzen diese 
Stabilität nicht. Noch wichtiger: Auch das zusätzliche Wegbrechen 
eines Ertragspfeilers wie des Kraftwerkgeschäfts lässt das 
Siemens-Renditegebäude nicht einstürzen. Der Großteil der Sparten ist
mittlerweile so gut aufgestellt, dass seine addierte Profitabilität 
derartige Schwächen eines Rendite-Schwergewichts auffängt. Unter dem 
Strich ergibt dies eine operative Marge von 11% - ein Wert, der 
keineswegs glanzvoll ist, aber noch vor wenigen Jahren selbst unter 
optimalen Bedingungen als schwer erreichbar galt.

   Eine Schwachstelle allerdings hat die Siemens-Profitabilität: Sie 
hängt am Tropf der hochprofitablen kurzzyklischen Geschäfte in Asien.
Der Konzern hat es ausschließlich dem dortigen Umsatzplus von 15% zu 
verdanken, dass er - auf vergleichbarer Basis - ein Erlösplus 
vermelden konnte. Alle anderen Regionen meldeten einen Rückgang des 
Umsatzes. Diese Abhängigkeit ist kritisch und erfordert ein 
Gegensteuern. Nicht nur müssen die strukturellen Schwierigkeiten im 
Kraftwerksgeschäft auch durch Kapazitätsanpassungen gelöst werden. 
Vielmehr gilt es auch, den Marktzugang rund um die Welt zu 
verbessern. Regierungen sind mittlerweile sehr wichtige Auftraggeber 
für Siemens. Kaeser machte bereits klar, auf die wachsende Bedeutung 
reagieren zu wollen.

   Es bleibt die Unzufriedenheit der Aktionäre mit dem Aktienkurs 
nicht nur im letzten Geschäftsjahr. Das Abstreifen des 
Konglomeratzuschlags dürfte aber wohl zu einer Neubewertung des 
Konzerns führen.

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