Börsen-Zeitung: Steuergeschenke, Kommentar zur US-Berichtssaison von
Stefan Paravicini
Frankfurt (ots) - Der Dow Jones Industrial Average hat es schon
wieder getan. Innerhalb von gerade sechs Handelstagen hat der
US-Leitindex erneut die Distanz von 1.000 Punkten durchmessen und
erstmals die Schwelle von 26.000 Punkten übertroffen. Den bisher
schnellsten Sprung von einer Tausendermarke zur nächsten hat der
Index hingelegt, während in Washington wieder einmal um eine Erhöhung
der Ausgaben-Obergrenze für den Bundeshaushalt gerungen wird. Doch
von politischen Störgeräuschen lässt sich der US-Aktienmarkt schon
lange nicht mehr beirren.
Im Vordergrund stehen für Investoren die Erwartungen an die eben
gestartete Bilanzsaison, in der Analysten den Unternehmen aus dem S&P
500 prozentuell zweistellige Gewinnzuwächse zutrauen und außerdem mit
positiven Kommentaren zur US-Steuerreform rechnen. Dass die Großbank
Citi wegen der Reform im Schlussquartal einen milliardenschweren
Verlust verbucht hat, passt da auf den ersten Blick nicht ins Bild.
Allerdings hatte das Institut die nach der Verabschiedung des neuen
Steuergesetzes kurz vor Weihnachten notwendig gewordenen
Abschreibungen auf Steuergutschriften schon vor Wochen in Aussicht
gestellt. Hinzu kommt, dass die Bank genau wie die meisten
US-Wettbewerber bereits im neu angelaufenen Turnus zu den größten
Gewinnern der Reform gehört.
Weil die US-Banken über geringe Möglichkeiten für Abschreibungen
verfügen, lag die effektive Steuerquote der Spitzeninstitute in den
vergangenen Jahren jeweils nahe am bisher geltenden Steuersatz von 35
Prozent. Nach der jetzt erfolgten Absenkung auf 21 Prozent rechnen
einige der größten US-Banken für 2018 mit einer effektiven
Steuerquote zwischen 19 und 25 Prozent. Die Aktie von Citi zog
gestern denn auch die im Dow Jones enthaltenen J.P. Morgan und
Goldman Sachs weiter nach oben.
Inwieweit die gute Stimmung zum Auftakt der Berichtssaison auch in
anderen Branchen anhält, wird davon abhängen, ob die US-Unternehmen
ihre Investoren wie Citi auf die Folgen der Steuerreform vorbereitet
haben. Dass selbst Steuergeschenke einen Preis haben - und sei es nur
der Aufwand, den man beim Auspacken treiben muss -, veranschaulicht
ein 70 Seiten starkes Papier der UBS, in dem Analysten der Bank die
Konsequenzen der US-Steuerreform für ihre Bewertungsmodelle ableiten.
Nach den Verpackungskünstlern, die das Reformpaket geschnürt haben,
sind jetzt die Fähigkeiten beim Auspacken von Steuergeschenken in
Bilanzen und Firmenprognosen gefragt.
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