Börsen-Zeitung: Kein Denkzettel für Sewing, Kommentar zur Deutschen
Bank von Anna Sleegers
   Frankfurt (ots) - Wer der Deutschen Bank als Aktionär die Treue 
hält, verfügt über ein Übermaß an Leidensfähigkeit oder ist ein

treuer Anhänger des Börsengurus André Kostolany. Dessen Rat, Aktien 
zu kaufen, Schlaftabletten zu nehmen und die Papiere nicht mehr 
anzuschauen, hat sich in diesem Fall jedoch nicht bewährt. Anleger, 
die sich vor zehn Jahren Aktien der Deutschen Bank ins Depot legten, 
sind damit nicht reich geworden. Vielmehr haben sie gut drei Viertel 
des eingesetzten Kapitals verbrannt. Wer später einstieg, hat zwar 
nicht ganz so dramatische Verluste zu beklagen. Ein Schnitt war 
jedoch nicht zu machen, denn noch nie war die Aktie so billig wie 
heute.

   Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass den Aktionären 
allmählich der Geduldsfaden zu reißen droht. Der einflussreiche 
US-Stimmrechtsberater Glass Lewis empfiehlt den Aktionären erneut, 
Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank zumindest nicht en bloc 
zu entlasten. Auch sein in den Empfehlungen unabhängiger deutscher 
Ableger Ivox hat Bedenken angemeldet. Nimmt in diesem Jahr erstmals 
auch der US-Wettbewerber Institutional Shareholder Services (ISS) 
seine schützende Hand von den Führungs- und Kontrollgremien des 
Instituts, könnte es für die Deutsche Bank eng werden auf der 
Hauptversammlung am 23. Mai in Frankfurt. Gut ein Jahr nach seinem 
holprigen Amtsantritt könnte Vorstandschef Christian Sewing den 
Negativrekord seiner Vorvorgänger Jürgen Fitschen und Anshu Jain  
brechen, die 2015 mit einer bis dato ungekannt dünnen Mehrheit von 61
Prozent entlastet wurden.

   Die Aktionärsversammlungen von UBS und von Bayer haben zuletzt 
gezeigt, dass eine Nichtentlastung für immer mehr Aktionäre kein Tabu
mehr ist. Dies mag im Einzelfall hilfreich sein, um sich für    die 
Teilnahme an Sammelklagen auf Schadenersatz zu qualifizieren. 
Wichtiger dürfte für viele jedoch der Wunsch sein, den Managern einen
Denkzettel zu verpassen.

   Ob Sewing diesen verdient hat, darf angesichts der Kürze seiner 
Amtszeit und der noch immer übergroßen Macht der Investmentbanker 
bezweifelt werden. Ein Jahr ist zu kurz, um mit einem derart 
angeschlagenen Institut die Ertragswende zu schaffen.

   Wer Sewing das zutraut, sollte sich vor allem Gedanken über einen 
Denkzettel für den Aufsichtsrat machen. Äußerungen in jüngsten 
Interviews legen den Schluss nahe, dass es vor allem der 
Chefkontrolleur Paul Achleitner ist, der bei dem offensichtlich 
erforderlichen Rückbau des chronisch defizitären Investment Bankings 
auf der Bremse steht.

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