BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich wegen der Abhängigkeit Deutschlands vom chinesischen Binnenmarkt besorgt gezeigt. Deutschland sollte seine Handelsbeziehungen mit anderen Weltregionen ausbauen, sagte Lindner im Interview mit dem vbw-Unternehmermagazin. Im Verhältnis mit China müsse man bei Investitionen auf eine gleiche Behandlung insistieren.

Auf die wirtschaftlichen Verflechtungen mit China angesprochen sagte Lindner, es sei aus seiner Sicht völlig klar, dass die Wirtschaft dort investiere, wo volumenstarke Märkte und Wachstum zu finden seien. "Es ist nicht Aufgabe der Politik, das zu zensieren. Aufgabe der Bundesregierung muss es sein, die Barrieren für den Handel mit anderen Weltregionen zu reduzieren. Damit China in der Bedeutung weniger wichtig wird, weil andere wichtiger werden", sagte Lindner.

Deshalb sei es richtig und wichtig, nach Jahren der Blockade endlich das Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada zu ratifizieren. Außerdem müsse man alles daran setzen, mit den Vereinigten Staaten Handelsbarrieren zu reduzieren und einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen zu nehmen, sagte Lindner.

Generell müsse es zwischen Deutschland und China wechselseitige Investitionen geben. "Was in Deutschland chinesischen Investoren erlaubt wird, muss umgekehrt deutschen Investoren in China erlaubt sein", sagte Lindner. So lange keine sicherheitsrelevanten Fragen berührt würden bei der Nutzung von Huawei-Handys oder Tiktok, habe er keine Einwände.

"Aber die technische Infrastruktur des Mobilfunks an China zu verkaufen, das wäre eine völlig andere Sache. Hier waren wir ja vor einigen Jahren schon drauf und dran, uns in Abhängigkeiten zu begeben", meinte Lindner. "Die Bedeutung des chinesischen Binnenmarkts für Deutschland ist besorgniserregend groß. Das muss sich ändern."

Lindner kritisierte zudem die Wachstumsskepsis in Teilen der deutschen Gesellschaft. Ohne Wachstum werde es mehr Ellbogenwettbewerb geben, sagte Lindner. Denn um selbst etwas zu gewinnen, müsse dann ein anderer etwas verlieren. "Individueller Aufstieg geht nur in einer prosperierenden Gesellschaft. Es gibt heute zu viel Wachstumsskepsis, ja Wachstumsfeindlichkeit links der Mitte, bisweilen sogar in konservativen Milieus, die es gut haben", sagte Lindner.

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December 07, 2022 23:00 ET (04:00 GMT)