Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Jedes dritte Unternehmen in Deutschland war im vergangenen Jahr mit wirtschaftskriminellen Aktivitäten konfrontiert. Das war die höchste Quote seit 2014, so das Ergebnis einer Befragung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), aus der die Rheinische Post zuerst berichtet hat. Weltweit sei fast jedes zweite Unternehmen von Wirtschaftskriminalität betroffen. Der wirtschaftliche Schaden allein in Deutschland belaufe sich auf Milliardenhöhe. Für die IW-Untersuchung wurden im vergangenen Jahr 1.001 Unternehmen befragt.

"Obwohl der Wirtschaftskriminalitätsanteil in Bezug auf alle polizeilich bekannt gewordenen Straftaten in Deutschland lediglich 1,3 Prozent (Stand 2022) beträgt, ist es dennoch alarmierend, dass die Anzahl der Wirtschaftsdelikte in Deutschland im Hellfeld im dritten Jahr in Folge gestiegen ist", erklärte das IW mit Blick auf die aktuellsten Zahlen der Polizeibehörden.

Neben einem Vertrauensverlust und Reputationsschäden führe Wirtschaftskriminalität zu finanziellen Einbußen und erheblichem Mehraufwand für Ermittlungen, Folge- und Präventionsmaßnahmen. Nach Angaben vom IW wurde in Deutschland durch Wirtschaftskriminalität den letztverfügbaren Daten der Polizeistatistik zufolge im Jahr 2022 ein monetärer Schaden in Höhe von 2,083 Milliarden Euro verursacht. Dies sei mehr als ein Drittel (34,3 Prozent) des in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ausgewiesenen Gesamtschadens aller Straftaten. Die Schadensentwicklung im Bereich Wirtschaftskriminalität sei dabei mit minus 14,6 Prozent jedoch leicht rückläufig.


   Täter meist männlich, weiß und deutscher Herkunft 

Der IW-Untersuchung zufolge ist der Wirtschaftskriminelle in Deutschland zumeist männlich, Ende 30 bis Anfang Mitte 40, weiß, meist deutscher Herkunft und weise ein hohes Bildungsniveau in Kombination mit einer mehrjährigen Berufserfahrung in einer Führungsposition auf. Dabei seien es "eher Männer mittleren Alters, die in Managementpositionen gelangen", so die Studie.

Das Täterprofil zeichnet sich der Studie zufolge folgendermaßen aus. "Der typische deutsche Wirtschaftskriminelle ist hoch gebildet, Ende 30 bis Mitte 40, seit mehreren Jahren als Führungskraft in einem Unternehmen tätig und auf persönlicher Ebene tendenziell neurotisch, extrovertiert sowie offen für neue Erfahrungen, wenig gewissenhaft und sozial unverträglich", so das Institut.


   IW fordert mehr Prävention 

Zur Reduktion von wirtschaftskriminellen Handlungen schlug das IW verschiedene Ansätze vor. Es sollten vor allem präventive Vorkehrungen getroffen werden, beispielsweise durch die Etablierung eines Wertemanagementsystems. Das Thema Wirtschaftsethik sollte Gegenstand von Führungskräfteausbildungen sein, um die Basis für integres Wirtschaften zu legen.

Außerdem sollten laut IW interne Anlaufstellen im Betrieb eingerichtet werden da diese es den Mitarbeitenden ermöglichen auf wirtschaftskriminelles Verhalten zu reagieren. So sollten sie etwa illegale Aktivitäten durch Whistleblowing-Programme melden können. Ergänzend dazu könnten Unternehmen auf Nudges wie Reminder zurückgreifen, um es den Mitarbeitenden so leicht wie möglich zu machen, sich integer zu verhalten, so das Institut.

"Neben verhaltensbezogenen Ansätzen muss auch die Sicherheit durch technische Maßnahmen gewährleistet werden, um sich vor externen Gefahren abzusichern. Da Unternehmen einem ständigen Wandel mit neuen Sicherheitslücken ausgesetzt sind, gilt es die technologischen wie auch verhaltensbezogenen Maßnahmen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität als kontinuierlichen Prozess zu verstehen", heißt es in dem Bericht des Instituts.

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April 02, 2024 04:01 ET (08:01 GMT)