BERLIN (Dow Jones)--Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs werden die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) rund 175 Milliarden Euro an Wertschöpfung kosten. "Das entspricht Wohlstandsverlusten von 2.000 Euro je Einwohner", erklärte das arbeitgebernahe Institut. Dies seien preisbereinigt etwa 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Für die Berechnung wurde laut den Angaben die aktuelle Lage mit einem kontrafaktischen Konjunkturverlauf verglichen, also einer Welt, in der es keinen Krieg und damit keine hohen Energiepreise oder Lieferengpässe gibt.

Schon in den vergangenen drei Jahren hätten die Deutschen enorme Wohlstandsverluste hinnehmen müssen, wie die Berechnungen zeigten: Bereits auf das Pandemiejahr 2020 entfiel infolge von Lockdowns und Unsicherheit demnach ein Wertschöpfungsverlust von 175 Milliarden Euro. 2021 ergab sich laut IW ein weiterer BIP-Verlust von 125 Milliarden Euro, für 2022 dürften sich Einbußen auf knapp 120 Milliarden Euro belaufen haben. "Insgesamt summieren sich die Produktionsausfälle somit bis Ende 2023 auf 595 Milliarden Euro", bilanzierten die Kölner Ökonomen.

Nach ihrer Analyse lassen sich vor allem drei verschiedene kriegsbedingte Probleme identifizieren: Zum einen sei Energie nach wie vor unsicher, Unternehmer befürchteten Störungen und Notlagen, beispielsweise bei kritischen Infrastrukturen. Hinzu kämen hohe Kosten, nicht nur für Strom und Gas, sondern auch für Vorleistungen und Rohstoffe - das bedrohe die Wettbewerbsfähigkeit. "Nicht alle Kosten lassen sich an Käufer weitergeben", sagte IW-Konjunkturchef Michael Grömling. Die Unternehmen entschieden sich im Zweifel gegen geplante Investitionen. Gleichzeitig belaste die Situation aber auch Käufer, und private Haushalte fragten weniger Güter nach.

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January 23, 2023 07:59 ET (12:59 GMT)