Für den größten Zukauf in der 107-jährigen Firmengeschichte legt der US-Konzern 34 Milliarden Dollar auf den Tisch. "Diese Akquisition machen wir für das Wachstum", sagte IBM-Chefin Ginni Rometty im Reuters-Interview in der Nacht zu Montag. Um Rückgänge bei Software und Servern für Großrechner auszugleichen, setzt Rometty - eine der wenigen Frauen an der Spitze eines US-Techunternehmens - verstärkt auf abo-basierte Software-Angebote und renditeträchtigere Cloud- und Cybersicherheitsdienste. Zuletzt gelang es IBM kaum, seinen Umsatz zu steigern.

Das sieht bei der 1993 gegründeten Firma Red Hat anders aus. Das Unternehmen aus North Carolina fügt dem Open-Source-Betriebssystem Linux, das als Alternative zu Windows von Microsoft entwickelt wurde, weitere Software hinzu und bietet seinen Kunden neben diesem abobasierten Gesamtpaket auch Dienstleistungen an. Im abgelaufenen Quartal kletterten die Erlöse um fast 14 Prozent - der Großteil kam aus dem Abogeschäft. Dieses dürfte nun IBMs wiederkehrende Einnahmen deutlich anschieben. Beide Unternehmen haben in der Vergangenheit bereits zusammengearbeitet.

Die Analysten von Barclays schrieben, der strategische Zukauf gebe IBM die Möglichkeit, seine Hybrid-Cloud-Initiative voranzubringen. Darunter versteht man die Verzahnung verschiedener Cloud-Infrastrukturen, bei denen Daten und Software je nach Sensibilität und Einsatzmöglichkeiten teilweise lokal im Unternehmen, teilweise in einer öffentlich zugänglichen Datenwolke gespeichert werden. Rometty gab sich bereits siegessicher: "Es verändert alles im Cloud-Markt." IBM werde damit der weltgrößte Hybrid-Cloud-Anbieter und der einzige mit einer Open-Cloud-Lösung. Bisher zählen Amazon, Google und Microsoft zu den größten Spielern in diesem Geschäft.

ZUKÄUFE IN TECHNOLOGIEBRANCHE HABEN GERADE KONJUNKTUR

IBM schließt sich mit der milliardenschweren Übernahme einem Trend in der Technologiebranche an. In der jüngsten Vergangenheit haben viele Großkonzerne ihren Konzernumbau mit Zukäufen unterstützt. So erwarb Microsoft die Entwickler-Plattform Github, der Chiphersteller Broadcom griff für fast 19 Milliarden Dollar beim Konkurrenten CA zu und Adobe stärkte sich mit dem Marketing-Softwarespezialisten Marketo.

Der Deal sieht vor, dass IBM 190 Dollar je Anteilsschein in bar für Red Hat zahlt. Dies ist ein 63-prozentiger Aufschlag auf den Schlusskurs vom Freitag. Die Übernahme wurde bereits von den Vorständen beider Unternehmen gebilligt und soll in der zweiten Jahreshälfte 2019 über die Bühne gehen. IBM kündigte zugleich an, für die Übernahme sein in den Jahren 2020 und 2021 geplantes Aktienrückkaufprogramm auszusetzen, um die Finanzierung zu erleichtern. Red Hat soll den Angaben zufolge als eigenständige Einheit innerhalb des Hybrid-Cloud-Teams von IBM arbeiten und weiterhin von Firmenchef Jim Whitehurst geleitet werden.