BERLIN (dpa-AFX) - Der scheidende Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel hat angesichts guter Konjunktur- und Beschäftigungszahlen vor Selbstzufriedenheit gewarnt. Es falle ihm schwer, bei so einer exzellenten Bilanz zu jubilieren, wie es in einem Wahljahr normalerweise der Fall sei, sagte Gabriel am Donnerstag im Bundestag in einer Regierungserklärung zur Wirtschaftsentwicklung. Weil klar sei, dass das nicht zwangsläufig so bleibe. "Und wir wissen ganz genau, dass nicht alle Menschen in Deutschland davon profitieren. Gott sei Dank endlich mehr, aber bei weitem nicht alle."

Der designierte Außenminister warnte zugleich vor dem Vormarsch autoritärer Antworten, liberale und soziale Demokratien seien auf dem Rückmarsch. "Die Europafeindlichkeit hat ein gefährliches Ausmaß angenommen." Sollten bei den Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich den Europafeinden nach dem Brexit weitere Erfolge gelingen, "droht uns wirklich das Auseinanderfallen des größten Zivilisationsprojektes des 20. Jahrhunderts - nämlich der Europäischen Union." Deutschland wäre dann isoliert und würde weitere Partner verlieren: "Man kann die Lage gar nicht dramatisch genug empfinden." Die Demokratiefeindlichkeit sei zurückgekehrt.

In ihrem aktuellen Jahreswirtschaftsbericht sagt die Bundesregierung für dieses Jahr einen Jobrekord voraus. Die Zahl der Erwerbstätigen werde sich nochmals um 320 000 auf mehr als 43,8 Millionen Menschen erhöhen. Die deutsche Wirtschaft werde 2017 um 1,4 Prozent zulegen.

Die Vorlage des Jahreswirtschaftsberichtes ist Gabriels letzter größerer Termin als Wirtschaftsminister. Nach seinem Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur und den SPD-Vorsitz will Gabriel bis zur Bundestagswahl als Außenminister im schwarz-roten Kabinett weitermachen. Seine Ernennung durch Bundespräsident Joachim Gauck und die Vereidigung vor dem Bundestag ist für diesen Freitag geplant./sl/DP/stb