Paris/Berlin/Washington/Jerusalem (Reuters) - Nach dem Tod zahlreicher Palästinenser, die im Gazastreifen auf Hilfe warteten, mehren sich Forderungen nach Aufklärung.

Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte am Freitag, er sei zutiefst empört und verurteile Schüsse israelischer Soldaten auf die Menschen aufs Schärfste. Außenminister Stephane Sejourne sagte, man unterstütze Forderung von UN-Generalsekretär Antonio Guterres nach einer unabhängigen Untersuchung. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schrieb auf der Plattform X, Israels Armee müsse lückenlos aufklären, wie es "zu der Massenpanik & den Schüssen kommen konnte". Die USA hatten am Donnerstag erklärt, man werde bei Israel auf Antworten drängen.

Am Donnerstag waren nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde mehr als 100 Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen worden, als sie auf eine Hilfslieferung warteten. Israel hatte indes erklärt, die Opfer seien von einer Menschenmenge niedergetrampelt oder überfahren worden. Ein israelischer Regierungsmitarbeiter sagte aber auch, Soldaten hätten "in begrenztem Umfang" auf Menschengruppen geschossen, die sie als Bedrohung empfunden hätten.

Macron schrieb auf X, er verurteile "diese Schießereien auf das Schärfste und fordere Wahrheit, Gerechtigkeit und Respekt vor dem Völkerrecht". Eine sofortige Waffenruhe sei zwingend. Außenminister Sejourne sagte dem Sender France Inter, was passiert sei, sei weder zu entschuldigen noch zu rechtfertigen. "Israel muss in der Lage sein, das zu hören, und es muss aufhören." Ähnliche Äußerungen kamen aus Südafrika, Brasilien und Indien. Die brasilianische Regierung sprach von einem Vorfall jenseits rechtlicher und ethischer Grenzen. Baerbock schrieb, in Gaza seien die Menschen näher am Sterben als am Leben.

In Israel hieß es in einem Meinungsbeitrag auf der Online-Nachrichtenseite N12, der Vorfall unterstreiche das Fehlen einer zivilen Verwaltung oder Rechtsstaatlichkeit im Gazastreifen. Das könne Israel mit Blick auf die Legitimität einer Fortsetzung der Kämpfe in eine schwierige Lage bringen. Ein Kolumnist der größten Tageszeitung "Yedioth Ahronoth" schrieb, die Welt werde das Bild hunderter hungernder und verzweifelter Menschen in Erinnerung behalten, die sich auf Lebensmittel stürzen und von israelischen Soldaten erschossen werden.

(Bericht von John Irish, Alexander Ratz und James MacKkenzie. Geschrieben von Ralf Bode.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)