Frankfurt (Reuters) - Trotz neuer Rekordmarken an der Wall Street stehen Europas Aktienmärkte zur Wochenmitte unter Druck.

Für Verunsicherung sorgte die Furcht vor Handelsbeschränkungen, die unter anderem durch US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump geschürt wurde. Der Dax gab am Mittwoch in der Spitze 0,4 Prozent auf 18.441 Punkte nach. Der EuroStoxx50 büßte bis zu ein Prozent auf 4898 Zähler ein. "Die Investoren steuern ihr Kapital weiter in Richtung USA, um der Aussicht auf eine wirtschaftsfreundliche Politik eines neuen Präsidenten Trump zu folgen und gleichzeitig die damit verbundenen Risiken für den Welthandel zu umgehen", sagte RoboMarkets-Stratege Jürgen Molnar.

Trumps Äußerungen über eine härtere Gangart gegenüber Taiwan für den Fall seiner Wiederwahl sorgten an den Börsen in Fernost für Wirbel. Vor allem die Aktien des taiwanesischen Chipherstellers TSMC ließen Federn und büßten mehr als zwei Prozent ein, was einem Marktwertverlust von fast 16 Milliarden Dollar entsprach. Taiwan solle für den von den USA zur Verfügung gestellten Schutz zahlen, hatte Trump gefordert. "Wissen Sie, wir sind nicht anders als eine Versicherungsgesellschaft. Taiwan gibt uns nichts zurück", sagte Trump in einem Interview mit der Agentur "Bloomberg". TSMC ist wichtiger Zulieferer für Apple und Nvidia.

ASML BELASTET HALBLEITER

Die Furcht vor weiteren Folgen des Handelsstreits zwischen den USA und China sowie ein enttäuschender Ausblick von ASML zogen zudem Halbleiter-Werte in die Tiefe. ASML-Aktien brachen in Amsterdam um acht Prozent ein. Selbst überraschend starke Quartalszahlen des niederländischen Halbleiterherstellers konnten den Kursrutsch nicht aufhalten. Auch die Aktien der Rivalen ASMI und BESI gaben um rund fünf Prozent nach. "Der geopolitische Aspekt dürfte heute stärker im Mittelpunkt stehen als die Ergebnisse", sagten Citi-Analysten. Die USA erwägen der Agentur Bloomberg zufolge schärfere Beschränkungen im Handel mit China, wenn Firmen wie ASML und Tokyo Electron dem Land weiterhin Zugang zu fortschrittlicher Halbleitertechnologie gewähren. Die Meldung überschatte die ansonsten guten Ergebnisse bei ASML, kommentierte ING-Analyst Marc Hesselink.

Die Risiken geopolitischer Spannungen und sich verschlechternder Handelsbeziehungen bei einem Wahlsieg Trumps belasteten die Märkten, konstatierte auch Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. "Die Ernennung von Vance zum Vizepräsidenten deutet auf einen starken Fokus auf die 'America First'-Politik hin, die auch Deutschland zu spüren bekommen könnte." Dies erhöhe die Unsicherheit. Trump ist mittlerweile offiziell Kandidat der Republikaner für die Wahl im November. Als Kandidaten für die Vizepräsidentschaft hat sich Trump seinen einstigen Kritiker J.D. Vance an die Seite geholt.

GOLD GLÄNZT

Rekordmarken gab es auf dem Goldmarkt. Angesichts der politischen Unsicherheiten und der Aussicht auf fallende Zinsen kletterte der Goldpreis auf ein neues Allzeithoch. Der Preis für eine Feinunze Gold zog in der Spitze um 0,6 Prozent auf 2482,29 Dollar an und damit auf den bislang höchsten Wert. "Fed-Chef Jerome Powells jüngste Aussagen, dass die Inflation unter Kontrolle zu sein scheint, verstärken die Erwartungen, dass die US-Zentralbank in den kommenden Monaten die Leitzinsen senken wird", sagte Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus. Dies habe die Anleiherenditen nach unten gedrückt, was den Goldpreis stütze.

"Parallel dazu sorgte Donald Trumps Ankündigung, den China-kritischen J.D. Vance als seinen Vizepräsidentschaftskandidaten zu nominieren, für zusätzlichen Auftrieb im Goldmarkt." Vor diesem Hintergrund sehen Experten weiteren Spielraum nach oben: "Der Preisbereich von 2500 Dollar ist das nächste unmittelbare Ziel, aber wenn die derzeitige Dynamik anhält, könnten wir noch vor Jahresende mit Preisen rechnen, die noch weiter nach oben gehen", sagte Tim Waterer, Analyst von KCM Trade.

Bei den Einzelwerten zogen Adidas-Aktien unterdessen um zeitweise rund fünf Prozent an. Der Sportartikelhersteller ist unter Vorstandschef Björn Gulden schneller als gedacht in die Erfolgsspur zurückgekehrt und schraubte die Gewinn- und Umsatzprognose zum zweiten Mal in drei Monaten nach oben. Dagegen brachen die Anteilsscheine von Daimler Truck zeitweise um vier Prozent ein. Der Nutzfahrzeughersteller stellte nach einer Abschreibung in China seine Prognose für das Gesamtjahr auf den Prüfstand.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)