Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat mit der Chemie- und Pharmaindustrie einen Handlungspakt geschlossen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors während der Transformation hin zur Klimaneutralität zu sichern. Die Branche drängt auf niedrigere Stromsteuerkosten und bewertet den Wasserstoff als Schlüssel zur Transformation des Sektors.

Altmaier sieht die Branche vor gewaltigen Herausforderungen. Aber der Sektor gehe die Transformation hin zur CO2-Neutralität engagiert und in einer beispiellosen, gelebten Sozialpartnerschaft an.

"Wirtschaft, Politik, Gewerkschaften und Wissenschaft müssen hier eng zusammenarbeiten, wenn wir die industrielle und technologische Souveränität in Deutschland sichern und die Rahmenbedingungen für Schlüsseltechnologien und Basisinnovationen weiter verbessern wollen", erklärte Altmaier. Das Wirtschaftsministerium werde diesen Weg der Branche unterstützen.


   Brauchen Ökostrom zu günstigem Preis 

Der Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Christian Kullmann, betonte die Bedeutung des Handlungspaktes für die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors. "Unsere Branche ist der Schlüssel für die Transformationsaufgabe zur Klimaneutralität. Wir werden sie nur bestehen, wenn wir riesige Mengen erneuerbarer Energie zu günstigen Preisen bekommen, den Mittelstand mit Bürokratieabbau und Planungsbeschleunigung mitnehmen und auch die Pharmaunternehmen und die industrielle Gesundheitswirtschaft stark bleiben", erklärte Kullmann. Auch in Europa brauche man eine gemeinsame Stimme angesichts noch ausstehenden Europäischen Chemikalienstrategie.

Der Chef der Industriegewerkschaft IG-BCE, Michael Vassiliadis, erklärte, dass nur in einem "gesamtgesellschaftlichen Kraftakt" die Transformation der Industrie in den kommenden Jahrzehnten erfolgreich gestalten werden können.


   Strombedarf über dem von ganz Deutschland 

In dem Handlungspakt Chemie- und Pharmastandort Deutschland betont die Chemieindustrie, dass sie eine klimaneutrale Produktion anstrebe.

Um dies zu erreichen, benötigt die Chemiebranche nach der Roadmap 2050 des VCI mehr als 600 Terawattstunden (TWh) Grünstrom pro Jahr. Das Papier wies darauf hin, dass dies mehr als der aktuelle Stromverbrauch in Deutschland sei, der 2019 bei rund 540 TWh lag.

Die Roadmap geht zudem davon aus, dass diese Strommenge zu einem Gesamtendpreis von maximal 4 Cent pro Kilowattstunde zur Verfügung gestellt werden müsse. Dieser Preis liege allerdings erheblich unter dem in den letzten Jahren zu verzeichnenden Strombezugspreis von energieintensiven Unternehmen, welche schon sehr weitreichend von staatlich induzierten Strompreisbestandteilen befreit sind, gab das Papier zu bedenken.

Ziel müsse außerdem sein, dass die EEG-Umlage für Ökostrom in den nächsten fünf Jahren schrittweise abgesenkt und schließlich ganz abgeschafft wird. Gleichzeitig müssen die Kosten des Erneuerbaren-Ausbaus weiter sinken, sowohl durch mehr Wettbewerb innerhalb des EEG als auch durch stärker marktgetriebenen Erneuerbaren-Ausbau.

Nötig für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit seien zudem die freie Zuteilung von Emissionsrechten, die Strompreiskompensation, die Energie- und Stromsteuerentlastungen und eine Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung. Außerdem sei Wasserstoff "ein Schlüssel zur Transformation der Chemieindustrie", heißt es in dem Konzept.

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July 06, 2021 11:21 ET (15:21 GMT)