Bern (awp) - Die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft haben sich mit Ausbruch des Ukraine-Konflikts eingetrübt. Gleichzeitig ist die Unsicherheit sehr gross. Die Ökonomen des Bundes senken daher ihre Konjunkturprognose für das Jahr 2022.

Die gestiegene Teuerung und der Ukraine-Konflikt bremsen die Erholung, teilte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Montag in seiner vierteljährlichen Konjunkturprognose mit. Vom Krieg gingen grosse Risiken für die globale Konjunktur aus. Immerhin habe sich die Lage rund um das Coronavirus etwas beruhigt.

Für das Jahr 2022 rechnen die Experten des Bundes neu mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) zum Vorjahr von 3,0 Prozent, nachdem im Dezember noch ein Plus von 3,2 Prozent vorausgesagt worden war.

Damit sind die Seco-Experten optimistischer als andere Ökonomen: Bei den Grossbanken UBS und Credit Suisse erwarten die Fachleute nur ein Wachstum von 2,5 Prozent.

Ähnlich fällt die Revision bei dem um Sportgrossanlässe bereinigten BIP aus: Dort wird für 2022 mit einem etwas schwächeren Plus von 2,8 Prozent (Dezember: +3,0%) gerechnet. Weil Sportverbände wie Fifa, Uefa oder IOC ihren Hauptsitz in der Schweiz haben, wirken sich grosse Sportereignisse wegen der hohen Lizenzeinnahmen auf das hiesige BIP aus.

Indirekte Folgen bergen hohe Risiken

Die direkten Auswirkungen des Ukraine-Konflikts auf die Schweiz dürften laut dem Seco begrenzt ausfallen. Denn die wirtschaftliche Verflechtung der Schweiz mit Russland und der Ukraine sei relativ gering.

Die indirekten Effekte vor allem in Form höherer Preise für Energieträger, gewisse Grundnahrungsmittel und Industriemetalle würden jedoch deutlich zu spüren sein. Damit bleibe der Teuerungsdruck international zunächst deutlich erhöht.

Das Seco betont gleichzeitig die Risiken für die Prognosen. Die Unsicherheit sei aktuell sehr hoch. Auch ohne eine internationale militärische Eskalation bestehe das Risiko von grösseren wirtschaftlichen Auswirkungen.

Sollte es etwa zu einem deutlichen Abschwung bei wichtigen Handelspartnern kommen, würde das die Schweiz "empfindlich" treffen. Dies etwa, falls es im Zuge unterbrochener Rohstofflieferungen aus Russland zu erheblichen Produktionsausfällen in Europa käme.

In einem solchen Szenario wäre international mit einem anhaltend hohen Preisdruck bei gleichzeitig rückläufiger Wirtschaftsentwicklung zu rechnen.

Basisszenario

Doch das sind nur mögliche (Negativ)-Szenarien des Seco. Im aktuellen Basisszenario rechnen die Experten in 2023 mit einer "Normalisierung" der Konjunktur. Denn nächstes Jahr dürften sich die Aufholeffekte nach der Corona-Krise abschwächen.

Für 2023 wird daher unverändert zur Dezember-Prognose ein BIP-Wachstum von 1,7 Prozent vorausgesagt. Dies, sofern die bremsenden Effekte des Ukraine-Konflikts nachlassen, schiebt das Seco nach.

Inflation steigt nur vorübergehend

In der Schweiz begrenzt die Aufwertung des Schweizer Frankens den Preisdruck, führt aber auch hier zu höheren Inflationsraten. Die Expertengruppe des Bundes erhöht ihre Prognose für die Jahresteuerung in 2022 auf 1,9 Prozent. Die Dezember-Prognose lag noch bei lediglich 1,1 Prozent. Die Erwartungen für 2023 liegen unverändert bei 0,7 Prozent.

Für den Arbeitsmarkt geht die Expertengruppe von einer weiteren Erholung aus und erwartet im Jahresdurchschnitt 2022 eine Arbeitslosenquote von 2,1 Prozent, gefolgt von 2,0 Prozent im Jahr 2023.

ra/rw