London (Reuters) - Die britische Inflation erweist sich als zäher als gedacht und macht damit eine Zinswende bereits im August unwahrscheinlicher.

Die Teuerungsrate schwächte sich entgegen der Erwartungen der Experten im Juni nicht weiter ab und verharrte auf dem Zielwert der Notenbank von 2,0 Prozent, wie aus Daten des Statistikamts vom Mittwoch zu den Verbraucherpreisen hervorgeht. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem weiteren Abflauen der Inflation auf 1,9 Prozent gerechnet.

Kräftige Preissteigerungen in der Hotellerie trugen mit dazu bei, dass sich die Teuerungsrate nicht verringerte. Dies dürfte Sorgen der Bank of England (BoE) mit Blick auf den anhaltend starken Preisauftrieb im Servicebereich nähren - ein Faktor, der aus Sicht der Investoren mit dazu beitragen dürfte, dass die erste Zinssenkung seit 2020 wohl noch nicht im kommenden Monat über die Bühne gehen wird.

Die Notenbank entscheidet Anfang August und danach im September über den geldpolitischen Schlüsselzins, der derzeit noch bei 5,25 Prozent steht. Die Inflation im Dienstleistungsbereich verharrte im Juni überraschend bei 5,7 Prozent, wobei Experten einen leichten Rückgang auf 5,6 Prozent auf dem Zettel hatten.

ZEITPUNKT DER ZINSWENDE OFFENE FRAGE

Trotz des noch immer starken Preisauftriebs in diesem Sektor hat sich die Inflation insgesamt zuletzt spürbar abgeschwächt. Die BoE hatte die geldpolitischen Zügel zwischen Dezember 2021 und August 2023 insgesamt 14 Mal angezogen, um die ausufernde Teuerung unter Kontrolle zu bringen. Der straffe Kurs der Währungshüter um Notenbankchef Andrew Bailey hat mit dazu beigetragen, dass die Lebenshaltungskosten nicht mehr so schnell steigen. Noch im Oktober 2022 hatte die Teuerungsrate auf der Insel bei 11,1 Prozent gelegen.

Eine Zinssenkung im August sei durchaus im Bereich des Möglichen, meint Jatin Ondhia, CEO der Immobilieninvestmentgesellschaft Shojin: "Aber das ist nicht gesetzt, da die Zentralbank in den kommenden Monaten einen weiteren Anstieg der Inflation befürchten könnte", fügte er hinzu. Der Chefvolkswirt der BoE, Huw Pill, hatte unlängst mit Bemerkungen aufhorchen lassen, wonach die Inflation im Dienstleistungssektor und das Lohnwachstum eine "unangenehme Stärke" gezeigt hätten, auch wenn die Gesamtinflation auf das Zwei-Prozent-Ziel der BoE gefallen sei: Er hatte es dabei als "offene Frage" bezeichnet, ob jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Zinssenkung sei.

Eine geldpolitische Lockerung im nächsten Monat würde auch Rückenwind für den neuen Premierminister Keir Starmer und seine Finanzministerin Rachel Reeves bedeuten. Die Labour-Regierung will die schleppende britische Wirtschaft ankurbeln. Sie hat im Rahmen einer sogenannten "nationalen Mission" nach eigenen Angaben bereits damit begonnen, zur Freisetzung der Wachstumskräfte Blockaden bei Infrastrukturprojekten und privaten Investitionen zu lösen.

(Bericht von William Schomberg und David Milliken, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)