FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - An den Rentenmärkten haben sich in dieser Woche viele für die bevorstehenden Notenbanksitzungen positioniert. Mit Spannung wird dabei vor allem der Ausblick von EZB und Fed erwartet. Etliche nutzen die größtenteils attraktiven Konditionen von Unternehmensanleihen zum Aufbau neuer Positionen.

21. Juli 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Bei der am Mittwoch anstehenden Sitzung der US-amerikanischen Notenbank scheint eine weitere Leitzinsanhebung um 25 Basispunkte ausgemachte Sache zu sein. Im Anschluss könnte dann aber zunächst eine Pause anstehen. "Die meisten Marktakteure gehen davon aus, dass der Zinserhöhungszyklus nach der Anhebung im Juli beendet wird" berichtet Tim Oechsner von der Steubing AG. Laut den viel beachteten Fed Funds Futures liegt die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Zinserhöhung bis zum November nur bei 35 Prozent. Gleichzeitig wird für das Frühjahr 2024 bereits die erste Zinssenkung eingepreist.

Robuster US-Arbeitsmarkt dämpft die Zins-Euphorie

Vor diesem Hintergrund waren die Renditen zehnjähriger US-Anleihen nach dem Hoch bei über 4 Prozent vor zwei Wochen zuletzt deutlich gesunken. Dieser Trend wurde am Donnerstag aber gestoppt. Der überraschende Rückgang der wöchentlichen Anträge auf Arbeitslosenhilfe auf ein Zwei-Monats-Tief ließ die Renditen von 3,74 auf 3,85 Prozent ansteigen. Der abermals robuste Arbeitsmarkt könnte nach Einschätzung der Commerzbank dazu führen, dass die Fed die Leitzinsen doch stärker anhebt als die Marktteilnehmer dies aktuell erwarten.

Auch die EZB dürfte keine großen Hoffnungen wecken

In der Eurozone hat sich die Rendite der zehnjährige Bundesanleihen auf Wochensicht kaum verändert. Im Verlauf der letzten Tage gab es aber auch hier einen Trendwechsel. Nach dem Rückgang auf unter 2,3 Prozent ging es in der zweiten Wochenhälfte wieder auf 2,45 Prozent hinauf.

Die Commerzbank berichtet, dass bei der EZB-Sitzung am Donnerstag, bei der eine Anhebung um 25 Basispunkte gilt auch hier als sicher gilt, nun doch mit einem eher falkenhaften Auftritt zu rechnen sei. "Die EZB möchte nicht, dass der September als Wendepunkt im geldpolitischen Zyklus angesehen wird", untermauert die Deutsche Bank diese These. Präsidentin Christine Lagarde dürfte demnach versuchen, Diskussionen über eine baldige Zinssenkung einen Dämpfer zu verpassen. Auch eine weitere Anhebung auf 4,0 Prozent im September ist nach Ansicht der Analysten nicht auszuschließen.

Um die 3 Prozent Rendite wird gerne genommen

Im Handel mit Unternehmensanleihen ist das Interesse an Papieren mit maximal fünf Jahren Laufzeit und einer 1.000er Stückelung unverändert groß, wenn die damit erzielbare Rendite mindestens im Bereich um 3 Prozent liegt. Laut Tim Oechsner von der Steubing AG sind hier zum Beispiel eine bis 2028 laufende und aktuell mit 4,0 Prozent rentierende Schuldverschreibung von Porsche (XS2615940215) sowie Anleihen von SAP (DE000A13SL34) und Volkswagen Financial Services (XS2374595044) gesucht, die beide bis 2027 laufen und Anlegern per Fälligkeit eine Rendite von 2,8 bzw. 4,1 Prozent ermöglichen.

Sogar bei 5,1 Prozent liegt die mögliche Rendite bei einer ebenfalls rege nachgefragten Anleihe der Immobilien-Investment-Gesellschaft S IMMO (AT0000A35Y85) mit einer Laufzeit bis 2028. Arthur Brunner von der ICF Bank berichtet derweil von einem anhaltend großen Interesse an der vor kurzen neu emittierten Anleihe von Hörmann Industries (NO0012938325). "Obwohl die Verzinsung von ursprünglich 7 Prozent durch den Kursanstieg auf 6,2 Prozent gesunken ist, scheint die Anleihe für Investoren immer noch attraktiv zu sein", berichtet Brunner

Neues zur Anleihe von ERWE Immobilien

Im Segment der Mittelstandsanleihen hat sich die Ende des Jahres fällige Schuldverschreibung von ERWE Immobilien (DE000A255D05) auf niedrigem Niveau stabilisiert. Das Unternehmen hat sich mit dem Vertreter der Anleihegläubiger auf einen Schuldenschnitt geeinigt. Demnach wird der Nennbetrag der Anleihe von 40 Millionen auf nur noch 7 Millionen Euro reduziert. Zudem entfällt die Verzinsung ab dem 10. Juni. Die noch offenen Zinsen in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro sollen über eine Barkapitalerhöhung nachgezahlt werden. Die ursprünglich geplante Umwandlung der Anleihe in Eigenkapital ist damit vorerst kein Thema mehr. Die Hauptversammlung muss den neuen Vereinbarungen aber noch zustimmen. Rainer Petz von Oddo BHF berichtet hier von geringen Umsätzen. Im Juni war der Kurs unter starken Verkäufen bis auf unter 12 Prozent abgerutscht. Aktuell wird die Anleihe zu 17 bis 18 Prozent gehandelt.

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)