Frankfurt (Reuters) - Die deutsche Finanzaufsicht Bafin setzt sich für eine Entschlackung der Regulierung in Europa ein.

"Wir sollten Regelwerke systematisch vereinfachen, entschlacken und von Überlappungen befreien", forderte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Mark Branson, am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz der Behörde in Frankfurt. Klare und proportionale Aufsichtsregeln seien nötig, die dann in jedem Land der EU auch einheitlich umgesetzt werden sollten. "Weniger Komplexität und mehr Proportionalität ist was wir brauchen." Einige Anforderungen vor allem an kleinere Unternehmen könnten deutlich reduziert werden.

Europas Banken warnen schon seit längerem davor, sie könnten durch übermäßige Vorschriften und Regularien gegenüber der Konkurrenz aus anderen Regionen ins Hintertreffen geraten. Erst unlängst hatte der Europäische Bankenverband (EBF) gefordert, bestehende Vorschriften für die Branche zu überarbeiten und zu straffen. Die Versicherungsbranche hält eine Vereinfachung der Regulierung ebenfalls für überfällig. "Die Berichtsanforderungen sind für kleinere und mittlere Versicherer kaum noch zu stemmen", erklärte GDV-Verbandschef Jörg Asmussen.

KEINE AUFWEICHUNG

Eine Abschwächung der Aufsichtsregeln lehnt Branson ab. "Sonst bereiten wir den Boden für die nächste Finanzkrise," sagte er. Kapitalanforderungen dürften nicht aufgeweicht werden, ebensowenig Solvenzanforderungen für Banken und Versicherungen. Die Corana-Krise und die Turbulenzen aufgrund der Zinsänderungen im vergangenen Jahr seien nur deshalb von den Banken gemeistert worden, weil die Regulierung entsprechend ausgestaltet worden sei. "Mit den Bilanzen von 2007 hätten wir 2020 oder 2023 nicht überlebt", wird Branson deutlich.

Als Beispiele für sehr komplizierte neue europäische Regelwerke nannte der Behördenchef die europäische Regulierung von Kryptowerten und die Regelwerke rund um das Thema Nachhaltigkeit. Und was für Europa gelte, gelte auch für Deutschland. "Wir haben in den vergangenen Monaten ein paar Dutzend Gesetzesstellen ausgemacht, die der deutsche Gesetzgeber entschlacken könnte." Branson zufolge muss auch deshalb die Komplexität der Vorschriften verringert werden, weil sie diskriminierend wirke. "Sie erschwert jungen Unternehmen den Markteintritt."

GEWERBEIMMOBILIEN WEITER THEMA

Zum Ausblick für das laufende Jahr sagte Branson, insgesamt bringe 2024 neue Herausforderungen mit sich. Die höheren Zinsen, die den Banken im vergangenen Jahr Geld in die Kasse gespült hatten, würden sich nicht mehr so positiv auswirken. Der BaFin-Chef verwies unter anderem auf die Immobilienkrise. Gewerbeimmobilien seien immer noch ein Thema, sagte BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler. Die BaFin sei für die Zukunft hier "nicht so ganz optimistisch." So seien aus den USA nach wie vor eher pessimistische Stimmen zu hören.

Die Deutsche Pfandbriefbank hatte 2023 die von ihr finanzierten Immobilien in Metropolen der USA angesichts der Immobilienflaute um fast ein Fünftel abgewertet. Für diese Kredite bildete sie Rückstellungen von 259 Millionen Euro. Die Aareal Bank, die rund ein Viertel ihres Geschäfts in den USA macht, hatte 2023 ihre Risikovorsorge auf 441 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Für Deutschland rechnet der Verband deutscher Pfandbriefbanken(vdp) erst ab dem Jahresstart 2025 mit einer Entspannung des Gewerbeimmobilienmarkts.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)