-- Großhandelsindikator deutet auf kräftigen Absturz der Stimmung

-- BGA: 2024 Umsatzrückgang im Großhandel rund 2% nominal und rund 1% real

-- Verband erwartet für Gesamtwirtschaft 2024 bestenfalls Stagnation

(NEU: weitere Details, Aussagen von Pressekonferenz)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der deutsche Großhandel steht nach Angaben seines Branchenverbandes BGA vor einer "handfesten Rezession". Der BGA-Großhandelsindikator deute auf einen weiteren kräftigen Absturz der wirtschaftlichen Stimmung im Großhandel hin. Er habe von 77,6 Punkten um 8,2 Punkte auf 69,4 Punkte nachgegeben. "Der Großhandel startet mit einer erdrückenden Hypothek in das Jahr 2024: Die Stimmung ist im Keller", sagte BGA-Präsident Dirk Jandura. Für 2023 rechnete er vor diesem Hintergrund mit einem Umsatzrückgang um rund 3,75 Prozent nominal und um rund 4,25 Prozent real. "Das Ergebnis ist somit deutlich negativer als vor einem Jahr angenommen."

Der Verband erwarte für den Großhandel deshalb, dass der Umsatz 2024 um rund 2 Prozent nominal und rund 1 Prozent real unter 2023 liegen werde. "Damit steuern wir auf eine handfeste Rezession zu", erklärte Jandura. "Ohne politisches Umsteuern erwarten wir für die Gesamtwirtschaft bestenfalls eine Stagnation um plus/minus 0,1 Prozent." Die Stimmung sei auf einem der schlechtesten Werte der letzten 25 Jahre und somit wieder auf Corona-Niveau angekommen, sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Zudem belaste das "erratische" wirtschaftspolitische Agieren der Bundesregierung die Unternehmen massiv.

Die Ergebnisse der aktuellen Unternehmensumfrage zur wirtschaftlichen Lage seien "alarmierend", warnte er bei einer Pressekonferenz. "Während andere Volkswirtschaften sich bereits erholt haben, steckt Deutschland in einer konjunkturellen Sackgasse mit selbst geschaffenen strukturellen Bremsen fest." Die Umfrage zeige, dass Deutschland schon seit längerem unattraktiv sei. 55 Prozent stellten dem Standort ein schlechtes oder sehr schlechtes Zeugnis aus. Die Unternehmen erwarteten ein Umsteuern vor allem bei Bürokratie und Kostenentlastung, 90 Prozent gäben dies an. "Es braucht eine 180-Grad-Wende", forderte Jandura. "Wir müssen endlich Vorschriften ersatzlos streichen." So wären einfachere Aufzeichnungspflichten von Sachzuwendungen an Geschäftskunden leicht umzusetzen.


   Ankündigungen verpuffen ohne Effekt 

Der Bundesregierung warf der Großhandelspräsident vor, sie erkenne "die dramatische Wirtschaftskrise nicht". Entgegen jeder Vernunft würden weiterhin soziale Leistungen wie das Bürgergeld aufgestockt und "Klimaerziehung" betrieben, als sei nichts passiert. "Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Bundesregierung tatsächlich nicht weiß, was sie tut", sagte Jandura. Hochtrabende Ankündigungen wie der Deutschlandpakt oder der Wohnungsbaugipfel endeten im Nichts. "Sie verpuffen ohne Effekte und die logische Folge ist, dass die Konjunktur in den Keller fährt."

Laut der BGA-Umfrage würden 23 Prozent der Großhändler von sich aus mehr investieren, sie sähen sich allerdings vom wirtschaftlichen Umfeld ausgebremst. "Verpackungsverordnung und die Vielzahl an Nachweis-, Informations- und Kontrollpflichten insgesamt binden die Kräfte in den Unternehmen und treiben die Kosten. All das wird immer mehr als Gängelei, denn als Konkurrenzvorteil empfunden", so Jandura. Die Unternehmen des Großhandels wollten nichts weiter, als ihren Job machen zu dürfen.

Nötig seien "klare Signale und nicht noch mehr Umverteilung über das Steuersystem". Deswegen plädierten 49 Prozent der Großhandelsunternehmen für eine grundlegende Unternehmenssteuerrefrom, die die Belastungen auf das internationale Niveau von 25 Prozent senkt. Vom Wachstumschancengesetz erwarteten sich die Unternehmen hingegen nicht mehr allzu viel. "Kein Unternehmen geht davon aus, dass die steuerlichen Regelungen attraktiver werden", sagte Jandura. Er forderte zudem unter anderem eine sofortige Aussetzung der Berichtspflicht beim deutschen Lieferkettengesetz.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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January 10, 2024 06:43 ET (11:43 GMT)