Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Anlagestrategen der DZ Bank bleiben optimistisch für die Aktienmärkte. "Wir sehen neue Allzeithochs dies- und jenseits des Atlantiks", so Sven Streibel, zuständig für die Aktienanlage, jetzt anlässlich des Kapitalmarktausblicks des Hauses zum kommenden Jahr. Den DAX erwartet er Ende 2024 bei 17.500, den US-Markt (S&P-500) bei 4.800 Punkten. Bei 4.800 Punkten soll dann auch der Euro-Stoxx-50 stehen.

Die Ausgangslage sei sowohl in den USA als auch am deutschen Markt gut. "Dabei gibt es allerdings entscheidende strukturelle Unterschiede", so der Anlagestratege. In den USA seien die Kurse im ablaufenden Jahr mit der KI-Fantasie gestiegen, das Kurs-Gewinn-Verhältnis habe sich mit der Erwartung an höhere zukünftige Gewinne ausgeweitet. "Der DAX ist dagegen nur mit den 'realisierten' Gewinnen gestiegen, ohne KGV-Ausweitung", sagt Streibel. Das KGV des DAX von etwa 11 auf Basis der 2023er Gewinne sei im historischen Vergleich unterdurchschnittlich, und zwar auch bereinigt um die ausgeschiedene relativ teure Linde-Aktie. "Im kommenden Jahr wird sich nun auch im DAX das KGV ausweiten", zeigt er sich zuversichtlich.

Seine Zuversicht bezieht er aus der erwarteten konjunkturellen Stabilisierung sowie der Einleitung einer weniger restriktiven Geldpolitik. "Mehr Klarheit darüber dürfte das KGV steigen lassen", sagt er. Gemessen an der schwachen Konjunktur seien die Gewinne der DAX-Unternehmen bereits in diesem Jahr robust geblieben, was auch daran liege, dass sie 30 Prozent der Umsätze in den USA und 15 Prozent in China machten.


 
   Deutsche Wirtschaft stabilisiert sich - Inflation bleibt bei 3% 

Die deutsche Wirtschaft wird laut der DZ Analysten im kommenden Jahr um 0,5 Prozent wachsen: "Man kann es nicht wirklich Aufschwung nennen, aber eine Stabilisierung", so Michael Holstein, Chefvolkswirt des Hauses. Allerdings sieht er Risiken vom jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse und zur Auswirkung auf die Fiskalpolitik: "Die Situation für die Regierung ist schwierig, die Auswirkungen auf die Konjunktur lassen sich noch nicht beziffern", sagt er. Weitere Risiken könnten von einer unerwartet hohen Inflation ausgehen. Im Grundszenario glaubt die DZ, die Inflation in der Eurozone werde das Ziel der EZB von 2 Prozent noch verfehlen und sich bei 3 Prozent einpendeln. Dafür sprächen unter anderem hohe Lohnabschlüsse.


 
   Zinssenkungserwartungen übertrieben - Wahlkampf drängt Fed zum Stillhalten 

Die Erwartungen an Leitzinsenkungen seien zwar wahrscheinlich übertrieben, da die US-Notenbank die Präsidentenwahl in den Monaten davor nicht beeinflussen wolle. Erste Senkungen des US-Leitzins seien aber zur Jahresmitte wahrscheinich, in der Eurozone erst im vierten Quartal. Der Einlagensatz der EZB wird laut DZ zum Jahresende bei 3,5 Prozent liegen, der Zielsatz für die Fed Funds bei 4,75 Prozent. Den Euro erwartet die DZ zum Jahresende bei 1,12 Dollar.

Auf der Aktienseite setzt DZ-Stratege Streibel in Europa neben Zyklikern mit Nachholpotenzial auf Versicherungen. In den USA hält er ausgewählte Technologietitel auch weiterhin für attraktiv. Zudem gebe es hier in einem wachstumsarmen Umfeld noch Wachstum, und das Potenzial wegen der KI-Fantasie sei hier noch nicht voll eingearbeitet.

"Generell sind Wahljahre gute Aktienjahre und bringen eine Überrendite", sagt der Aktienstratege. Das liege daran, dass die Regierung erfahrungsgemäß zu Stimuli greife, um die Chancen auf eine Wiederwahl zu verbessern. Auch vor einem Wahlsieger Trump ist ihm nicht bang, hier verweist er auf die positive Reaktion der Märkte auf seine erste Wahl. Allerdings warnt DZ-Chefvolkswirt Holstein vor den hohen Defiziten und dem steigenden Schuldenstand, und zwar unabhängig vom Wahlausgang.

Am Anleihenmarkt seien unter anderem ausgewälte Unternehmensanleihen attraktiv, so Christoph Kutt, zuständig für die Analyse der festverzinslichen Anlageprodukte. Die Anleihen von Banken meidet er derzeit eher, wegen der schwierigen Wirtschaftslage und möglicher Kreditausfälle. Bei den klassischen Unternehmensanleihen sei das "durchwachsene" konjunkturelle Umfeld dagegen weitgehend eingearbeitet. Für besonders interessant hält er aktuell die Anleihen von Energie- und Rohstoffunternehmen.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/hru/raz

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