Zürich (awp) - Im Schweizer Arbeitsmarkt macht sich bekanntlich eine gefährliche Lücke auf: Der demografisch bedingte Fachkräftemangel. Teilweise geschlossen werden kann diese Lücke durch die sogenannte "Generation Silber". Damit diese aber länger im Arbeitsprozess gehalten oder dahin zurückgeholt werden kann, braucht es von den Unternehmen innovative Konzepte. Dies könnten beispielsweise Jobsharing, Pensumsreduktion oder massgeschneiderte Verträge sein, wie die UBS in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Schwerpunktthema im Outlook Schweiz festhält.

"In den nächsten zehn Jahren werden in der Schweiz etwa 1,1 Mio Personen das Alter 65 erreichen und damit gut 690'000 Erwerbstätige aus dem Arbeitsmarkt austreten", sagte UBS-Ökonomin Veronica Weisser anlässlich einer Medienveranstaltung. Hingegen würden ohne Einwanderung lediglich etwa 480'000 Erwerbstätige nachrücken. Wenn zudem die Beschäftigung wie bis anhin weiter wächst, fehlen der Schweiz über die kommenden zehn Jahre 480'000 Vollzeit arbeitende Personen.

Wegen der Bevölkerungsstärke der Babyboomer ist ausserdem die Personengruppe der 55- bis 64-jährigen deutlich gewachsen. Entsprechend seien immer mehr Menschen über 50 Jahren - die Generation Silber - von Arbeitslosigkeit und einer erschwerten Reintegration in den Arbeitsmarkt betroffen, so Weisser weiter.

WIRKUNG GEGEN STEIGENDE SOZIALAUSGABEN

Wenn also die Generation Silber länger im Erwerbsleben gehalten beziehungsweise eingebunden werden könnte, so der Schluss, dann könnte dem demografisch Fachkräftemangel aber auch den steigenden Ausgaben der Sozialversicherungen entgegenwirkt werden.

Allerdings dürften nicht alle Branchen im gleichen Ausmass vom Fachkräftemangel betroffen sein. Während Sektoren, die sich im Strukturwandel befinden, schrumpfen könnten, dürfte in Bereichen wie im Gesundheitswesen der Arbeitskräftemangel deutlich steigen.

Daraus entsteht für einige Arbeitnehmenden aus der Generation Silber, denen es noch vergönnt war, ihr ganzes Berufsleben im selben Beruf oder gar im selben Unternehmen zu durchlaufen, die Schwierigkeit, dass sie bei einem Arbeitsverlust nicht über jene Qualifikationen verfügen, die im Markt gefragt sind. So ist beispielsweise ihr Wissen, das sich auf ein bestimmtes Unternehmen bezieht für ein anderes wertlos. Beim alten Arbeitgeber hätte es aber nach wie vor Gewicht.

Beispielsweise mit einer Pensumsreduktion oder mittels Jobsharing mit einem jüngeren Teilzeit-Mitarbeitenden könnten Gesellschaften dieses Potenzial nutzen, erklärte Weisser.

FLEXIBLERE ARBEITSVERTRÄGE

Firmen könnten auch mit einer flexiblen Ausgestaltung der Arbeitsverträge auf die sich verändernden Bedürfnisse älterer Mitarbeitender eingehen. Eine Möglichkeit wäre für Weisser die Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten des Arbeitnehmenden, gekoppelt an die Verlängerung des Erwerbslebens über 65 hinaus oder einen gestaffelten Ausstieg aus dem Berufsleben. Für Unternehmen würde dies die Planungssicherheit erhöhen.

Eine andere Möglichkeit ist die Integration der Bildung beziehungsweise Weiterbildung in das Entlöhnungssystem, beispielsweise an Stelle zusätzlicher Ferien, Lohnerhöhungen oder Boni.

Als eine weitere Option sieht Weisser eine vertragliche Vereinbarung über den Bruttolohn statt über den Nettolohn. Dadurch könnte die Attraktivität des Mitarbeitenden für das Unternehmen auch bei steigenden Lohnnebenkosten erhalten bleiben

Mit diesen Vorschlägen wolle die UBS helfen, den Denkprozess zur Lösung des Problemfeldes längeres Erwerbsleben anzustossen, erklärte Weisser abschliessend.

sig/cf