"Plötzlich haben wir mehr Angebot als Nachfrage", erklärte TUI-Chef Fritz Joussen am Dienstag auf der Hauptversammlung in Hannover. Tourismus bleibe zwar ein Wachstumsmarkt. "Die Kunden reisen, aber sie akzeptieren keine Preiserhöhungen." TUI hat deshalb bereits vergangene Woche seine Jahresprognose von mehr als zehn Prozent Gewinnwachstum gekippt. Für das Geschäftsjahr 2018/19 rechnet Joussen mit einem Betriebsergebnis (Ebita) auf dem Rekordhoch des Vorjahres von 1,18 Milliarden Euro.

Der Marktführer begründete das mit der Nachwirkung des heißen Sommers 2018, in dem Urlauber zu Hause blieben oder sehr kurzfristig buchten. Die Kunden sind laut Joussen noch immer zögerlich. In Spanien herrsche unerwartet hoher Preisdruck durch Überkapazitäten, nachdem Anschläge und politische Unruhe in der Türkei in den vorangegangenen Jahren noch einen Ansturm der Touristen auf das westliche Mittelmeer verursacht hatten. Jetzt liegen die günstigeren Urlaubsziele in der Türkei und in Nordafrika wieder im Trend, sie werfen aber weniger Gewinn ab.

Schon im ersten Quartal fiel der saisonübliche Verlust bei TUI mit einem bereinigten Ebita von knapp 84 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr aus. Allerdings sei das Vergleichsquartal ungewöhnlich gut gewesen, weil die Pleite von Air Berlin und der britischen Airline Monarch für TUI von Vorteil war, sagte Joussen. Der Druck zu einer Marktbereinigung in der Luftfahrt bleibe enorm hoch. Das wolle TUI mit seinem Airline-Geschäft TUI fly für sich nutzen. Der Konzern müsse aber nicht handeln, sondern wolle "aktiver Beobachter" sein. Vergangene Woche hatte der TUI-Rivale Thomas Cook angekündigt, sich von seiner Flugzeugflotte voraussichtlich trennen zu wollen. TUI ist laut Joussen nicht im Gespräch mit Thomas Cook.

MEHR HOTELS UND SCHIFFE

TUI hatte die Sommerflaute 2018 gut weggesteckt. Das Betriebsergebnis stieg im vergangenen Geschäftsjahr 2017/18 um elf Prozent, die Aktionäre erhalten mit 72 Cent je Aktie sieben Cent mehr Dividende. Der Reisekonzern konnte den Gewinnrückgang der größten Sparte, Reisegeschäft und Flüge, vor allem durch Zuwächse bei den 380 eigenen Hotels und 16 Kreuzfahrtschiffen mehr als ausgleichen. Diese Felder baut TUI seit fünf Jahren aus, um sich unabhängiger zu machen vom saisonabhängigen Pauschalreisemarkt. Aus dem traditionellen Kerngeschäft stammten im vergangenen Jahr noch immer 87 Prozent des Umsatzes, aber nur 37 Prozent des Vorsteuerergebnisses. In diesem Jahr sollen 28 Hotels und drei neue Schiffe hinzukommen.

Um den Gewinn wieder anzukurbeln, will TUI Reisen und Unternehmungen vor Ort außerdem künftig noch stärker online per App vermarkten. Massentourismus und Individualisierung sollen kein Widerspruch sein, wenn aus 150.000 angebotenen Aktivitäten für jeden Kunden die Software ein maßgeschneidertes Urlaubserlebnis filtert. "Wir wollen zum besten Marktplatz für Erlebnisse weltweit werden", sagte Joussen. Auch Preisfindung und Einkauf sollen digital verbessert werden. "Wenn wir nur ein Prozent bessere Preise erzielen, oder die Einkaufskosten um ein Prozent reduzieren, reden wir leicht über 100 Millionen Euro Ergebnisverbesserung", erklärte Joussen den Aktionären.

Valeurs citées dans l'article : TUI, Thomas Cook Group