Selbst bei einem Absturz an den Märkten müsse der weltgrößte Rückversicherer keine Abstriche an den Gewinnerwartungen für das laufende Jahr machen, erklärte Finanzvorstand Christoph Jurecka am Mittwoch in München. "Wir sind voll auf Kurs", sagte Vorstandschef Joachim Wenning. Er will den Nettogewinn auf 2,5 (Vorjahr: 2,3) Milliarden Euro schrauben und gibt sich zuversichtlich, daraus 2020 dann 2,8 Milliarden machen zu können. In der Rückversicherung hat der Weltmarktführer nach sechs Monaten zwei Drittel des geplanten Gewinns im Sack, beim Erstversicherer Ergo gut die Hälfte.

Finanzvorstand Jurecka sagte, die Münchener Rück habe in den Kapitalanlagen "signifikant" stille Reserven aufgebaut und sich damit gegen Schwankungen praktisch "immunisiert". Mit Aktien, Anleihen, anderen Beteiligungen und Rohstoffen erwirtschaftete sie in diesem Jahr bisher eine Rendite von 12,1 Prozent; in der Bilanz verbucht hat sie davon nur 3,0 Prozent.

Trotzdem reichte es bereits im ersten Halbjahr zu einem um fünf Prozent höheren Gewinn von 1,63 Milliarden Euro. Das lag zum einen daran, dass die Münchener Rück für Großschäden nur 202 Millionen Euro zurückstellen musste, zwei Drittel weniger als im langjährigen Durchschnitt. Zum anderen löste der Konzern 360 Millionen Euro Reserven auf, weil er bei der Abwicklung von Schäden aus den Vorjahren glimpflicher davonkam als gedacht. Die Hurrikan-Saison, die alljährlich im September beginnt und die Erwartungen der Rückversicherer durcheinanderwirbeln kann, werde nach den Erwartungen von Klimaexperten "normal" ausfallen, sagte Jurecka.

Die 993 (728) Millionen Euro von April bis Juni waren der höchste Quartalsgewinn der vergangenen vier Jahre, wie Wenning sagte. Unerwartet kam das nicht mehr. Die Münchener Rück hatte schon im Juli "rund eine Milliarde Euro" in Aussicht gestellt. Vor allem in der Schaden-Rückversicherung lief es deutlich besser. Dort habe sich der Gewinn auf 704 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Die Folgen der Abstürze von zwei Boeing- 737-MAX-Flugzeugen könnten dagegen etwas teurer werden als die bisher dafür reservierten 150 Millionen Euro, warnte Jurecka. "Das geht nicht spurlos an uns vorüber."

In der Lebens-Rückversicherung wird das Australien-Geschäft zum Sanierungsfall. Dort hatte die Münchener Rück ohnehin zu kämpfen, weil sie die Invaliditätsschäden lange unterschätzt hatte. Nun können die Kunden nach einer Gesetzesänderung auch noch leichter kündigen. Es gebe "ein substanzielles Risiko", dass die Sparte den eingeplanten operativen Gewinn von einer halben Milliarde Euro verfehle, hieß es. Beim Erstversicherer Ergo läuft es besser: Er steckte sogar die Folgen des Pfingst-Unwetters "Jörn" und die Verluste aus dem Verkauf von 18 kleinen Töchtern im Ausland weg und steigerte den Quartalsgewinn um ein Viertel.

Seit Wennings Antritt vor zwei Jahren greift die Münchener Rück bei den alljährlichen Vertragsverhandlungen mutiger zu. In der Juli-Erneuerungsrunde schraubte sie das Prämienvolumen um knapp neun Prozent auf 3,5 Milliarden Euro hoch. Vor allem in Amerika habe sie "attraktives Neugeschäft" gewonnen. Die Preise stiegen dabei insgesamt nur um 0,5 Prozent, kräftiger nur dort, wo es in jüngster Zeit große Naturkatastrophen gegeben hatte. Doch müssen die Rückversicherer gleichzeitig mit höheren Schäden kalkulieren.