(neu: Aussagen aus der Telefonkonferenz, Analysten, Aktienkurs)

LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Der weltgrößte Chemiekonzern BASF bekommt die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu spüren. "Das erste Quartal 2020 war kein normales Quartal. Das wird auch für das zweite Quartal gelten und wohl für das gesamte Jahr", sagte Unternehmenschef Martin Brudermüller bei Vorlage der Zwischenbilanz am Donnerstag in Ludwigshafen. Aufgrund eines sehr herausfordernden makroökonomischen Umfelds herrsche große Unsicherheit an den Märkten, so dass eine zuverlässige Planung derzeit kaum möglich sei.

Den Ausblick für das laufende Jahr hatte der Vorstand bereits am Vorabend gestrichen. Die ursprünglich anvisierte Umsatz- und Ergebnisentwicklung werde nicht zu erreichen sein, hieß es am Mittwochabend. Aufgrund der noch ungewissen Virus-Folgen hatte BASF Ende Februar eine große Spanne für die Jahresziele angegeben. Die Erlöse sollten 2020 auf 60 Milliarden bis 63 Milliarden Euro steigen, nachdem sie ein Jahr zuvor 59,3 Milliarden erreicht hatten. Für das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) peilte BASF 4,2 Milliarden bis 4,8 Milliarden Euro an, nach 4,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.

Der Aktienkurs von BASF drehte nach anfänglichen Kursgewinnen rasch in die Verlustzone. Um die Mittagszeit lag er mit 0,49 Prozent im Minus bei 48,78 Euro, nachdem er zum Handelsstart bei 50 Euro den höchsten Stand seit rund acht Wochen erreicht hatte. Analysten lobten zwar unisono die besser als befürchtet ausgefallenen Quartalszahlen. Allerdings sähen die Kennziffern auf bereinigter Basis nicht ganz so gut aus, monierte Analyst Chetan Udeshi von der US-Bank JPMorgan. Zudem dürfte das zweite Jahresviertel weitaus schlimmer ausfallen, als es am Markt derzeit erwartet werde, warnte Udeshi.

"Aus heutiger Sicht erwarten wir im zweiten Quartal bestenfalls ein Ebit vor Sondereinflüssen in einem niedrigen dreistelligen Millionen Euro-Bereich", sagte Brudermüller in einer Telefonkonferenz. Aber auch einen Verlust beim operativen Ergebnis könne er für das laufende Quartal nicht ausschließen. Er begründete dies vor allem mit dem weltweiten Stillstand in der Automobilindustrie. "Keiner weiß aktuell, wie lange es dauern wird, bis die gesamte Wertschöpfungskette wirklich wieder auf hoher Kapazität läuft." Gleiches gelte für die Frage, wie schnell die Nachfrage nach Fahrzeugen in den einzelnen Ländern wieder anspringt.

Für das laufende Jahr geht der BASF-Chef von einem Rückgang der Automobilproduktion von mindestens 20 Prozent aus. Die Autoindustrie ist für BASF die wichtigste Kundschaft. Darüber hinaus seien auch einige andere Kundenbranchen von der Pandemie betroffen. Das könne auch eine weiterhin starke Nachfrage etwa nach Tierernährung, Aromainhaltsstoffen und Pharma sowie Saatgut und Pflanzenschutz nicht ausgleichen. Deshalb rechnet Brudermüller mit einem deutlichen Rückgang der Nachfrage im zweiten Quartal.

Für die zweite Jahreshälfte geht er von einer langsamen Erholung aus - auch wenn die Entwicklung derzeit noch äußerst unsicher sei. Um besser durch die Krise zu kommen, hat das Management die Liquidität des Konzerns deutlich aufgestockt. Ende März beliefen sich die liquiden Mittel einschließlich Wertpapieren auf 4,2 Milliarden Euro, sagte Finanzchef Hans-Ulrich Engel. Ende 2019 seien es noch 2,9 Milliarden Euro gewesen. Unter anderem habe BASF zuletzt zusätzliche Bankkredite in Höhe von 600 Millionen Euro aufgenommen und Anfang April eine einjährige, derzeit ungenutzte Kreditlinie mit mehreren Banken in Höhe von insgesamt drei Milliarden Euro abgeschlossen.

Die Kosten will BASF weiter herunterfahren. "Wir verschärfen unser Effizienzprogramm, wo möglich", sagte Brudermüller. Derzeit seien in Deutschland rund 3700 Mitarbeiter und im restlichen Europa knapp 3000 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Zudem stelle BASF seine Investitionsprojekte auf den Prüfstand. "Wir wollen die Ausgaben für Investitionen weiter senken. Zielgröße in diesem Jahr: 2,8 Milliarden Euro." Ursprünglich hatte BASF 3,4 Milliarden Euro an Investitionen anvisiert.

An seiner Dividende für 2019 hält der Konzern trotz der Krise fest. Die Ausschüttung soll unverändert 3,30 Euro je Aktie betragen - die Hauptversammlung soll darüber am 18. Juni entscheiden. "BASF hat keinen Notfallkredit beantragt und hat das auch nicht vor", verteidigte Brudermüller die geplante Dividende. BASF stelle Finanzierung nach wie vor über den Kapitalmarkt sicher.

Im ersten Quartal verdiente BASF wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie weniger als ein Jahr zuvor. Das bereinigte Ebit ging um 6 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro zurück. BASF erklärte den Rückgang vor allem mit einer geringeren Nachfrage in den Sparten Basischemikalien (Chemicals) und Materials. Zur letzten Sparte gehören Vorprodukte wie etwa Isocyanate und Polyamide für die Kunststoffindustrie und die kunststoffverarbeitende Industrie. Unter dem Strich blieb ein auf die Aktionäre entfallender Gewinn von 885 Millionen Euro. Das waren 37 Prozent weniger als im Vorjahr.

Der Umsatz der BASF-Gruppe stieg dank höherer Mengen um 7 Prozent auf 16,75 Milliarden Euro. Deutlich besser lief es für BASF dank höherer Preise im Geschäft mit Katalysatoren. Aber auch in dem Geschäft mit Saatgut und Pflanzenschutzmittel setzte BASF dank einer höheren Nachfrage vor allem in Europa und Nordamerika mehr um. Einen deutlichen Umsatzrückgang verzeichnete BASF im Geschäft mit Basischemikalien.

Bereits vor der Corona-Krise hatte der seit zwei Jahren amtierende Brudermüller ein Sparprogramm aufgesetzt, um den Konzern durch schlankere Strukturen und einfachere Abläufe profitabler zu machen. Dazu gehört auch Stellenstreichungen. Zuletzt hatte BASF den Sparkurs beschleunigt. Der geplante Abbau von 6000 Stellen soll Ende 2020 erreicht werden und damit ein Jahr früher als ursprünglich geplant. 2019 hatte der Konzern weltweit bereits 3 100 Stellen abgebaut./mne/stw/fba