Kiew (Reuters) - Russland hat erneut massiv die ukrainische Energieversorgung attackiert. Dabei wurden Umspannwerke und Stromanlagen in fünf Regionen beschädigt, wie die Behörden am Donnerstag mitteilten.

In der nordöstlichen Oblast Charkiw sei notgedrungen mindestens 200.000 Menschen der Strom abgeschaltet worden. Insgesamt habe Russland mit 82 Raketen und Drohnen angegriffen, erklärte das Militär. 18 Raketen und 39 Drohnen seien von der Luftabwehr abgeschossen worden. Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte angesichts der anhaltenden Angriffe sowie schrumpfender Bestände an Luftabwehrausrüstung und Artillerie erneut mehr Hilfe vom Westen. "Wir brauchen Luftabwehr und andere Verteidigungsmittel, keine Augenwischerei und keine langen Diskussionen", sagte er. Vor allem die wichtige US-Militärhilfe hat wegen einer Blockade durch die Republikaner im Kongress stark nachgelassen.

Der Netzbetreiber Ukrenergo teilte mit, dass Umspannwerke und Anlagen zur Stromerzeugung in den Regionen Odessa, Charkiw, Saporischschja, Lwiw und Kiew beschädigt worden seien. In der Stadt Charkiw, die nur 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernt liegt, schlugen den Behörden zufolge mindestens zehn Raketen ein. Auch die umliegende gleichnamige Region, in der es wegen der russischen Angriffe schon seit längerem zu Stromausfällen kommt, wurde von Raketen und Granaten getroffen. 200.000 Menschen habe deswegen nun der Strom abgeschaltet werden müssen, so Selenskyj-Berater Olexij Kuleba.

Der größte private ukrainische Stromversorger DTEK erklärte, Russland habe zwei seiner Kraftwerke angegriffen und dabei weitere schwere Schäden verursacht. Das Energieunternehmen war erst im vergangenen Monat von den schwersten russischen Luftangriffen seit Beginn der Invasion im Februar 2022 getroffen worden. Dabei waren rund 80 Prozent der verfügbaren Betriebskapazität zerstört worden. Der staatliche Öl- und Gaskonzern Naftogaz berichtete auf dem Kurznachrichtendienst Telegram von nächtlichen Angriffen auf zwei unterirdische Gasspeicher. Die Speicheranlagen seien aber weiterhin in Betrieb. Seit März hat Russland seine Luftangriffe auf das ukrainische Energiesystem wieder erheblich verstärkt.

(Bericht von Tom Balmforth, Pavel Polityuk und Anastasiia Malenko, geschrieben von Christian Götz, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)