Berlin (Reuters) - Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius muss nach Ansicht des Chefs der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, die Zustimmung zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine geben.

"Da wird ihm sozusagen der Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt. Er braucht jetzt nur noch den Elfmeter zu verwandeln", sagte Heusgen am Mittwoch im Reuters-TV-Interview. Dann könnte Pistorius auf dem sogenannten Ramstein-Treffen der westlichen Alliierten am Freitag mit einem schönen Erfolg in sein Amt starten.

Er finde den Vorschlag des European Council on Foreign Relations (ECFR) richtig, dass die Europäer ein Konsortium bilden sollten, um Leopards zu liefern und sich über die Typen und Ausbildung ukrainischer Soldaten verständigten. "Ich hoffe doch sehr, dass aus Ramstein das Signal ausgeht: Ja, wir machen das." Deutschland solle auf die Partner hören, die das wollten und "im Geleitzug vorangehen".

Das Argument von Kanzler Olaf Scholz, dass die USA unbedingt mit an Bord sein müssten, wollte Heusgen nicht gelten lassen. Die US-Regierung habe klargemacht, dass sie froh wäre, wenn Deutschland mehr machen würde. "Da können wir uns jetzt nicht hinter den Amerikaner verstecken, sondern da ist Führung gefragt." Die Leopard-Panzer seien wichtig, damit die Ukrainer besetzte Gelände zurückerobern könnten. Dies wiederum sei entscheidend, weil man gesehen habe, welche Kriegsverbrechen Russland in den besetzten Gebieten verübe. "Wenn Russland sieht, dass es militärischen Erfolg hat, dann wird es weitermachen. Putin geht davon aus, dass er letztlich den längeren Atem hat als wir das haben."

Zurückhaltend reagierte Heusgen dagegen auf die Forderung des früheren ukrainischen Botschafters Andreij Melnyk, dass Deutschland auch Tornado-Kampfjets liefern sollte. Dies habe eine völlig andere Dimension. Deutschland engagiere sich bereits bei der Luftabwehr, das solle man fortsetzen. Es wäre aber falsch, "rote Linien" zu definieren. "Wir sollten das jetzt nicht kategorisch ausschließen."

Die Gefahr einer atomaren Eskalation sieht Heusgen nicht. "Ich halte das für ausgeschlossen." Russland würde sich beim Einsatz von Atombomben völlig isolieren, weil auch China dann seine schützende Hand entziehen würde. Die USA hätten vor katastrophalen Auswirkungen gewarnt.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)