Zürich (Reuters) - Am Jahrestag der Credit-Suisse-Notübernahme hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) eine Verschärfung der regulatorischen Rahmenbedingungen für die neue Riesenbank UBS gefordert.

Die SNB sehe in den Bereichen Kapital- und Liquiditätsanforderungen sowie bei der Sanierungs- und Abwicklungsplanung Handlungsbedarf, wie dem Geschäftsbericht der Notenbank am Dienstag zu entnehmen war, der zufällig genau ein Jahr nach der Ankündigung der größten Bankenübernahme seit der Finanzkrise 2008 veröffentlicht wurde. Die Widerstandskraft der Banken und deren Sanierungs- und Abwicklungsfähigkeit im Krisenfall müssten gestärkt werden.

"Mit der Übernahme der Credit Suisse ist die Systemrelevanz der UBS deutlich gestiegen", erklärte die SNB. Es müsse geprüft werden, ob die derzeit geltenden Kapitalanforderungen der Größe und des inländischen Marktanteils der neuen Riesenbank genügend Rechnung trügen. Die UBS wollte sich zu dem SNB-Bericht nicht äußern.

Experten wie der Wirtschaftsprofessor Aymo Brunetti gehen noch weiter und werfen die Frage auf, ob sich die kleine Schweiz ein Institut dieser Größe überhaupt leisten kann. Denn in kaum einem anderen Land hat ein einzelnes Institut so großes Gewicht wie in der Schweiz die UBS. Falls der entstandene Bankenkoloss ebenfalls einmal ins Wanken geraten sollte, wäre das eine Gefahr für das ganze Land. Brunetti war als früherer Spitzenbeamter einer der Architekten der aktuellen Bankenregulierung. Im Frühling will die Schweizer Regierung Vorschläge für eine Überarbeitung der Regeln vorlegen.

REKORDHOHE LIQUIDITÄTSHILFE

Dem SNB-Jahresbericht zufolge unterschätzt die aktuelle Regulierung den operativen Bedarf an Liquidität und das Abflusspotenzial bei den Einlagen. "Die SNB erachtet es als notwendig, dass die Stabilität der Finanzierung der Banken über die Liquiditätsregulierung deutlich gestärkt wird", hieß es in dem Geschäftsbericht. Die Banken sollten auch verpflichtet werden, ein deutlich höheres Volumen an Sicherheiten für den Bezug von Notfall-Liquiditätshilfe bei der SNB und ausländischen Zentralbanken vorzubereiten.

Die SNB ist dabei, Banken den Zugang zu Notfall-Liquidität zu erleichtern, wie die Nachrichtenagentur Reuters kürzlich von Insidern erfuhr. Sie arbeitet demnach mit den Instituten zusammen, um den Bestand von Vermögenswerten zu erweitern, die sie im Gegenzug für Liquidität verpfänden können. Die SNB habe signalisiert, dass sie über Hypotheken hinaus auch Geschäftskredite und sogenannte Lombardkredite als Sicherheit akzeptiere dürfte.

Insgesamt stellte die SNB im März 2023 mit drei Notfallinstrumenten 168 Milliarden Franken an Liquidität bereit, um die Zahlungsunfähigkeit der Credit Suisse abzuwenden und die Übernahme durch die UBS zu ermöglichen. Dies sei die bislang weltweit größte Liquiditätshilfe für eine einzelne Bank. Zum Jahresende waren noch 38 Milliarden Franken an Notfalldarlehen (ELA) der Credit Suisse bei der SNB ausstehend.

(Bericht von Oliver Hirt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)