Zürich (awp) - Die Bankenregulierung muss laut SNB-Vizepräsident Martin Schlegel so ausgestaltet werden, dass das Risiko einer Grossbank für die Schweiz tragbar sei. Zentral sei allerdings nicht nur die Grösse der Bank, sondern welches Geschäftsmodell sie habe und welches Risiko dieses Modell berge, sagte Schlegel in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der "Finanz und Wirtschaft".

Unbestritten sei, dass es Anpassungen des Too-big-to-fail-Regimes brauche, sagte Schlegel. Nun müsse abgewartet werden, was im Bericht des Bundesrates stehe. "Es muss das Ziel sein, die UBS abwickeln zu können", bekräftigte der SNB-Vizepräsident, der als möglicher Nachfolger des abtretenden SNB-Präsidenten Thomas Jordan gilt.

Kapital muss Verluste abfangen

Ziel der Regulierung sei, dass Banken widerstandsfähiger würden, betonte Schlegel. Das umfasse sowohl eine "robuste Kapitalisierung" als auch eine verbesserte Liquiditätsvorsorge. Um auf "Liquiditätsstress" besser vorbereitet zu sein, sollten die Banken Sicherheiten vorbereiten, für den Fall, dass sie von uns Liquidität benötigen. "Typischerweise sind dies Hypotheken, da sie den grössten Teil der Aktiven von Schweizer Banken ausmachen."

Zu Frage, ob es eine deutliche Erhöhung der Kapitalanforderungen an die Grossbank UBS brauche, gab sich Schlegel bedeckt. "Wir sagen zum jetzigen Zeitpunkt nicht, dass es mehr Kapital braucht. Das muss erst vertieft analysiert werden." Das Eigenkapital der Banken solle aber so gestaltet werden, dass es Verluste besser abfangen könne. "Wichtig ist, dass qualitativ und quantitativ ausreichend Kapital vorhanden ist."

AT1-Anleihen früher aktivieren

Eine wichtige Funktion in einer Krise hätten die AT1-Anleihen. Ohne diese hätte die CS-Übernahme durch die UBS nicht stattfinden können, so Schlegel. Allerdings seien sie erst ganz am Schluss zum Tragen gekommen. "Eigentlich könnten sie viel früher in einer Krise schon ihre Funktion zur Stabilisierung der Bank erfüllen".

Insgesamt liege der Fokus heute zudem stark auf den regulatorischen Kapital- und Liquiditätsanforderungen, sagte Schlegel weiter. Diese seien zwar wichtig, aber sie zeigten nicht die ganze Realität einer Bank. "Mit einem breiteren Set an Indikatoren, wie z.B. Aktienkurs, Kurs-Buchwert-Verhältnis oder Credit Default Swaps (CDS), könnte man früher reagieren."

Liquidität nur gegen Sicherheit

Klar ist für Schlegel auch weiterhin: "Eine Zentralbank darf nur gegen ausreichende Sicherheiten Liquidität geben. Der Public Liquidity Backstop (PLB) würde es zwar erlauben, Liquidität mit einer Garantie des Bundes zu gewähren. "Diese Form von Liquiditätshilfe einzusetzen, ist aber Sache der Politik, nicht der Zentralbank, denn es kommen potenziell Steuergelder zum Einsatz."

Die Rolle der SNB bei der Wahrung der Finanzstabilität sei zwar eine wichtige, aber eine beschränkte. Das Modell in der Schweiz trenne die Bankenaufsicht von der Zentralbank, betonte Schlegel. Auf der anderen Seite stehe das Modell mit einer Zentralbank, die die Bankenaufsicht verantworte. "Beide Modelle haben ihre Stärken und ihre Schwächen. Das perfekte Modell gibt es nicht". Mit ihrem Modell einer Aufgabenteilung zwischen SNB, Finanzmarktaufsicht Finma und Finanzdepartement sei die Schweiz aber bislang "nicht schlecht gefahren".

Keine Entwarnung zum Immobilienmarkt

Zum Immobilienmarkt Schweiz wollte Schlegel keine Entwarnung geben. Seit dem Zinsanstieg sei zwar eine Verlangsamung der Dynamik in allen Segmenten sichtbar, Renditeliegenschaften verzeichneten teilweise sogar einen Rückgang der Preise. "Die Immobilienpreise sind jedoch weiterhin auf einem Niveau, das sich mit Fundamentalfaktoren nicht erklären lässt". Das bedeute, dass die Verwundbarkeit des Immobilienmarktes immer noch erhöht sei.

Die jüngste Leitzinssenkung der SNB bezeichnete Schlegel als "angebracht". Derzeit gebe es "sozusagen eine Zweiteilung" der Wirtschaft: Die Dienstleistungen entwickelten sich solid. Die Industrie durchlaufe dagegen eine schwierigere Zeit, vor allem wegen der schwachen Nachfrage aus dem Ausland und der Frankenaufwertung. "Dort kann unsere Zinssenkung ein wenig Druck wegnehmen."

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