Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Winterschlaf hat ein Ende. Zentralbank-Watcher dürfen sich übers Wochenende noch mal kurz räkeln, und dann geht's los: In zeitlicher Reihenfolge stehen in der Woche Zinsentscheidungen in China, Japan, Kanada, Norwegen der Türkei und dem Euroraum an. Wichtigste Termine von Konjunkturseite sind in Europa der deutsche Ifo-Index und die Einkaufsmanagerindizes für Januar, sowie aus den USA das Bruttoinlandsprodukt (BIP) für das vierte Quartal und der Preisindex der persönlichen Ausgaben (PCE-Deflator) für Dezember. So könnte die Woche ablaufen:


   EZB hält still - Zinssenkung wohl erst im Sommer 

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte sowohl seine Zinsen als auch die Zins-Guidance, sowie die Wertpapierkaufprogramme und die sie betreffende Guidance unverändert lassen. An den Märkten haben sich die Zinssenkungserwartungen deutlich abgekühlt, sie betrafen allerdings auch nie den Januar (sondern frühestens den März). Die Ratssitzung wird allgemein als Übergangssitzung zu der im März eingestuft. Dann werden der EZB neue Stabsprojektionen zu Inflation und Wachstum vorliegen. Analysten rechnen damit, dass die EZB die "Datenabhängigkeit" ihres geldpolitischen Kurses bekräftigen und Präsidentin Christine Lagarde Hoffnungen auf eine erste Zinssenkung vor dem Sommer zu dämpfen versuchen wird.

Eine interessante Veröffentlichung im Vorfeld der Ratssitzung ist der Quartalsbericht zur Kreditvergabe (Dienstag, 10.00 Uhr). Die EZB veröffentlicht ihre geldpolitischen Entscheidungen am Donnerstag (14.15 Uhr), die Pressekonferenz mit Präsidentin Christine Lagarde beginnt gegen 14.15 Uhr.


   Bank of Japan steht vor heikler Aufgabe 

Die Bank of Japan (BoJ) steht bei ihrer kommenden Sitzung vor einer schwierigen Kommunikationsaufgabe. Einerseits will Gouverneur Kazuo Ueda die Märkte auf das näher rückende Ende der Negativzinsen vorbereiten, andererseits aber unbedingt verhindern, dass es zu abrupten Marktbewegungen kommt. Die Pressekonferenz und Aussagen von Ueda werden deshalb im Fokus stehen (die Zinsentscheidung wird am frühen Dienstagmorgen veröffentlicht. Es wird allgemein erwartet, dass der Leitzins bei minus 0,10 Prozent und die Zielrendite für zehnjährige Staatsanleihen bei null bleiben werden. Die Märkte rechnen frühestens für März oder April mit einer Zinserhöhung.


   Chinas Zentralbank könnte Leitzinsen senken 

Die People's Bank of China (PBoC) könnte ihre Zinssätze für 1- und 5-jährige Kredite senken. Viele Analysen nehmen an, dass die PBoC nicht darum herum kommen wird, zu dem stumpfen Leitzinsinstrument zu greifen, um der unter sinkenden Immobilienpreisen sowie schwachen Investitionen und Konsumausgaben leidenden zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aufzuhelfen. Allerdings haben die gleichen Analysten zuvor auch gedacht, dass die PBoC den Leitzins für mittelfristige Kredite an Banken senken würde. Das ist nicht passiert, und es bleibt abzuwarten, ob die PBoC bei den Unternehmenskreditzinsen (zur Zeit bei 3,45 und 4,20 Prozent) "liefert". Die Zinsentscheidung wird am Montag (3.15 Uhr) bekannt gemacht.


   Norges Bank und Bank of Canada lassen Zinsen unverändert 

Norges Bank (Donnerstag, 10.00 Uhr) und die Bank of Canada (Mittwoch, 16.00 Uhr) dürften ihre Zinsen unverändert bei 4,50 beziehungsweise 5,25 Prozent lassen. Analysten gehen davon aus, dass die norwegische Zentralbank ihre Zinsen erst deutlich nach US-Notenbank und Europäischer Zentralbank (EZB) senken wird. Auch die BoC dürfte mit Zinserhöhungen zögern, nachdem im Dezember nicht nur die Gesamt-, sondern auch die Kernteuerung gestiegen ist. Die türkische Zentralbank (Donnerstag, 12.00 Uhr) könnte ihre Zinsen dagegen noch einmal anheben. Allerdings hatte sie kürzlich US-Investoren signalisiert, dass der Zinserhöhungszyklus fast beendet sei.

Zur Konjunktur: Die Spitzentermine der Woche sind das deutsche Ifo-Geschäftsklima, das US-BIP und der PCE-Deflator.


   Ifo-Geschäftsklima steigt zum Jahresauftakt leicht 

Das Geschäftsklima in Deutschland dürfte sich zu Jahresbeginn leicht aufgehellt haben. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte rechnen damit, dass der Ifo-Geschäftsklimaindex im Januar auf 86,6 (Dezember: 86,4) gestiegen ist. Für den Index der Lagebeurteilung werden 88,5 (88,5) Punkte erwartet und für den Index der Geschäftserwartungen 84,8 (84,3) Punkte. Die Ifo-Veröffentlichung dürfte die Erwartungen für den Kurs der deutschen Konjunktur im ersten Quartal beeinflussen, nachdem das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vierten Quartal voraussichtlich um 0,3 Prozent gesunken ist. Das Ifo-Institut veröffentlicht die Daten am Donnerstag (10.00 Uhr).

Beeinflusst werden die Erwartungen für das Ifo-Geschäftsklima wahrscheinlich noch von den Einkaufsmanagerindizes (PMI), die am Mittwoch um 9.30 Uhr veröffentlicht werden. Für den Industrie-PMI wird ein leichter Anstieg erwartet, für die Service-PMI ein leichter Rückgang.


   US-Wirtschaft mit Vollbremsung im vierten Quartal 

Die US-Wirtschaftstätigkeit war im dritten Quartal außergewöhnlich stark und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg mit einer annualisierten Rate von 4,9 Prozent. Für das vierte Quartal zeichnet sich jedoch eine Vollbremsung ab: Ökonomen rechnen nach dem Factset-Konsens für die erste BIP-Schätzung damit, dass die Wachstumsrate auf 1,0 Prozent eingebrochen ist. Die Konsumausgaben machen im Durchschnitt zwei Drittel der US-Wirtschaft aus, das heißt, wenn es den US-Verbrauchern schlecht geht, geht es auch der US-Wirtschaft schlecht. Die anhaltend hohe Inflation, der anhaltende Schock über die Zerstörungen durch die Pandemie und die Befürchtung, dass eine Rezession bevorsteht, haben die Stimmung trotz des soliden Wachstums und der ständigen Neueinstellungen belastet.

Einen Blick auf die Inflationsentwicklung im Dezember bietet der PCE-Deflator, der - zusammen mit den Daten für die persönlichen Ausgaben und persönlichen Einkommen - am Freitag (14.30 Uhr) veröffentlicht wird. Analysten rechnen laut Factset-Konsens damit, dass sowohl der PCE-Deflator als auch Kern-PCE-Deflator gegenüber dem Vormonat und 0,2 Prozent gestiegen ist.

Ebenfalls am Freitag kommen die Daten zur Geldmenge M3 und zur Kreditvergabe im Euroraum im Dezember sowie die Ergebnisse des Survey of Professional Forecasters.

(Mitarbeit: Andreas Plecko)

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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January 19, 2024 09:32 ET (14:32 GMT)