KIEW (dpa-AFX) - Im Ukraine-Krieg ist Europas größtes Atomkraftwerk erneut ins Visier geraten. Im von russischen Truppen besetzten AKW Saporischschja mussten am Montag infolge von Beschuss erneut alle Reaktoren heruntergefahren werden. Eine Hochspannungsleitung sei wegen eines Brandes abgeschaltet worden, teilte der ukrainische Atomkraftwerksbetreiber Enerhoatom mit. Die Gaspreise zogen wegen des russischen Lieferstopps über Nord Stream 1 massiv an. Das Ölkartell Opec+ beschloss eine leichte Kürzung seiner Produktion. Das könnte den Benzinpreis wieder steigen lassen. Die EU sicherte der Ukraine weitere 500 Millionen Euro zu.

Saporischschja erneut unter Feuer

Laut dem AKW-Betreiber führte der Brand der Hochspannungsleitung zur Notabschaltung des letzten in Betrieb befindlichen Blocks sechs. Block fünf war bereits am Samstag abgeschaltet worden.

Aktuell bestehe die Gefahr, gegen den Strahlen- und Brandschutz zu verstoßen, hieß es weiter. Innerhalb der vergangenen drei Tage wurden laut Betreiber alle fünf Hochspannungsleitungen zum AKW und dem nahen Wärmekraftwerk durch Artilleriebeschuss beschädigt. Es bestehe keine Verbindung mehr zum ukrainischen Stromnetz.

Vor anderthalb Wochen, am 25. August, hatte es ebenfalls eine Notabschaltung der zwei in Betrieb befindlichen Reaktoren mit anschließendem Stromausfall in den besetzten südukrainischen Gebieten gegeben.

Nach Darstellung von Enerhoatom dauert die Mission der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) dort an. Von den zuletzt sechs Experten haben nach russischen Angaben vier die Anlage - wie von der IAEA geplant - inzwischen verlassen. Die IAEA-Experten sind seit Donnerstag in dem AKW, um nach Schäden zu suchen.

Enerhoatom beklagte im Nachrichtenkanal Telegram, dass Russland Militär, Waffen und Munition auf dem Gelände stationiert habe. Das bestreitet Moskau. Es lehnt auch eine Rückgabe des AKW ab, weil die Ukraine dessen Sicherheit nicht gewährleisten könne.

Gaspreise erneut deutlich gestiegen

Der vorläufige Lieferstopp Russlands über die wichtige Pipeline Nord Stream 1 ließ den europäischen Gaspreis am Montag nach oben schnellen. Am Vormittag sprang der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas um etwa 72,5 Euro auf zuletzt 281 Euro je Megawattstunde. Das waren rund 35 Prozent mehr als am Freitag. Der TTF-Kontrakt wird häufig als Richtschnur für das europäische Preisniveau verwendet.

Ausschlaggebend für den Preissprung zum Wochenstart war, dass Russland seine Erdgaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 bis auf Weiteres ruhen lässt. Es wird vermutet, dass Russland den Westen damit im Ukraine-Konflikt noch mehr unter Druck setzen will. Zuletzt waren die Erdgaspreise spürbar gefallen. Auslöser war, dass die Auffüllung der Erdgasspeicher in Europa schneller als geplant vonstatten geht.

Opec+ drosselt Produktion

Die großen Ölnationen des Verbundes Opec+ senken ihr Förderziel nach den Erhöhungen der vergangenen Monate wieder leicht ab. Die gemeinsame Tagesproduktion für den Oktober werde um 100 000 Barrel (je 159 Liter) reduziert, hieß es am Montag nach einer Online-Sitzung der Ölminister aus rund 20 Ländern. Damit wird die jüngste Produktionsausweitung der von Saudi-Arabien und Russland dominierten Opec+ rückgängig gemacht. Angesichts der im Raum stehenden und schließlich beschlossenen Angebotskürzung stiegen die Ölpreise am Montag. Die Preisaufschläge zum Wochenstart folgen auf zum Teil deutliche Abschläge in der vergangenen Woche. Als Hauptgrund dafür gelten die trüben Konjunkturaussichten und die entsprechend schwach erwartete Nachfrage nach Erdöl, Benzin und Diesel.

EU fördert Binnenflüchtlinge und Landwirtschaft in Ukraine

Die EU hat der Ukraine weitere 500 Millionen Euro zur Versorgung von Binnenflüchtlingen und für die Landwirtschaft zugesagt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterzeichnete mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal ein Abkommen zu den Zuschüssen. Im Frühjahr hatte von der Leyen bei einer Geberkonferenz in Warschau entsprechende Hilfen angekündigt. Seit Beginn des Kriegs hat die von Russland angegriffene Ukraine von der EU bereits Kredite und Zuschüsse in Höhe von 5,4 Milliarden Euro erhalten. Zudem wurden 2,5 Milliarden Euro für militärische Unterstützung mobilisiert. Am Montag beschloss die Kommission zudem, die Ukraine an das Programm "Digitales Europa" anzubinden. Mit dem 7,5 Milliarden Euro schweren Fördertopf soll digitale Innovation vorangetrieben werden, etwa in den Bereichen künstliche Intelligenz oder Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.

Moskau belegt US-Schauspieler mit Einreise-Verbot

Das russische Außenministerium hat 25 US-Bürger, darunter die Schauspieler Sean Penn und Ben Stiller auf eine Schwarze Liste gesetzt. Den Betreffenden aus Politik, Kultur und Wirtschaft werde "als Antwort auf die ständig von der Biden-Administration ausgeweiteten Sanktionen gegen russische Bürger" die Einreise nach Russland verwehrt, teilte das Ministerium am Montag in Moskau mit. Stiller und Penn sind wegen ihres politischen Engagements auf der Liste gelandet. Die Schauspieler haben sich nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf der Seite Kiews positioniert. Beide Schauspieler wurden vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj empfangen und haben der Ukraine ihre Unterstützung ausgesprochen./mrd/DP/ngu