New York (Reuters) - Im Betrugsprozess gegen Sam Bankman-Fried hat die Jury den Gründer der kollabierten Kryptobörse FTX am Donnerstag (Ortszeit) in New York schuldig gesprochen.

Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass der 31-Jährige acht Milliarden Dollar an Kundengeldern aus reiner Gier veruntreut habe, um zu spekulieren und seinen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren.

Damit wird der einstige Star der Krypto-Szene künftig wohl in einem Atemzug mit anderen verurteilten Betrügern wie Bernie Madoff oder Jordan Belfort genannt. Letzterer diente als Vorbild für den Film "Wolf of Wall Street". Dem für Auftritte in Jeans und T-Shirt sowie für einen markanten Wuschelschopf bekannten Bankman-Fried droht eine jahrzehntelange Haft. Außerdem könnte er zu Schadenersatz verurteilt werden. Das Strafmaß will Richter Lewis Kaplan am 28. März 2024 verkünden.

Die zwölf Geschworenen fällten ihre Entscheidung nach gerade einmal vierstündigen Beratungen und befanden Bankman-Fried in allen sieben Anklagepunkten für schuldig. Dieser stand der Jury mit vor sich gefalteten Händen gegenüber, als das Urteil verlesen wurde. "Die Kryptoindustrie mag neu sein, die Akteure wie Sam Bankman-Fried mögen neu sein, aber diese Art von Betrug ist uralt und wir haben kein Erbarmen", sagte Chefankläger Damien Williams bei einer anschließenden Pressekonferenz.

Bankman-Frieds Verteidiger Mark Cohen äußerte sich "enttäuscht" über die Entscheidung, die er respektiere. "Herr Bankman-Fried beteuert seine Unschuld und wird weiterhin energisch die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bekämpfen." Cohen legte kurz nach der Urteilsverkündung seinen Arm um den Angeklagten, bevor dieser abgeführt wurde. Im Gehen nickte Bankman-Fried noch seinen im Saal anwesenden Eltern, den Professoren Joseph Bankman und Barbara Fried, zu.

Der FTX-Gründer musste zurück in seine Zelle, in der er seit August sitzt. Das Gericht hatte damals seinen Hausarrest in Untersuchungshaft umgewandelt, weil er Zeugen beeinflusst habe. Ab dem kommenden März soll er wegen angeblichen Bankbetrugs, Verschwörung zu illegalen Parteispenden und Bestechung chinesischer Beamter noch einmal vor Gericht stehen.

VERTRAUENSKRISE IN DER GESAMTEN KRYPTOBRANCHE

In dem aktuellen Verfahren hatten drei ehemalige enge Vertraute Bankman-Fried belastet. "Er hat nicht damit gerechnet, dass seine drei loyalen Stellvertreter in den Zeugenstand treten und die Wahrheit sagen: Dass er derjenige war, der den Plan, das Motiv und die Gier hatte, die Einlagen der FTX-Kunden - Milliarden und Abermilliarden - zu plündern, um sich Geld, Macht und Einfluss zu verschaffen", hatte Staatsanwältin Danielle Sassoon zum Abschluss der Beweisaufnahme gesagt. "Er dachte, dass er damit durchkommt." Bankman-Fried hatte bei seiner Vernehmung zwar unternehmerische Fehler eingeräumt, den Betrugsvorwurf aber von sich gewiesen.

FTX-Kunden dürfen mit der Auszahlung eines Teils ihrer Einlagen rechnen. Der Insolvenzverwalter konnte bislang Vermögenswerte im Volumen von sieben Milliarden Dollar sichern und versucht per Gericht, weitere Gelder bei früheren Geschäftspartnern der Kryptobörse einzutrieben. Mindestens 90 Prozent dieser Summe soll an die Geschädigten ausgezahlt werden.

Die FTX-Pleite vor einem Jahr hatte der bereits angeschlagenen Stimmung der Kryptobranche einen weiteren Schlag versetzt und einige Firmen mit in den Abgrund gerissen. Die Kurse von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum gingen ebenfalls in die Knie. Sie erholen sich nur langsam davon und sind noch weit von ihren Rekordhochs entfernt.

(Bericht von Jody Godoy und Luc Cohen; geschrieben von Hakan Ersen und Alexandra Falk, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)