Zürich (awp) - Die Schweizer Wirtschaft dürfte sich im laufenden Jahr langsamer erholen als bislang erwartet. Davon geht die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) aus. Die zweite Coronawelle trifft die einzelnen Branchen aber sehr unterschiedlich.

Die KOF hat ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandprodukt im Jahr 2021 auf 2,1 von 3,2 Prozent gesenkt, wie sie am Donnerstag mitteilte. Der zweite Lockdown dämpfe die Konjunkturerholung, hiess es zur Begründung.

Die KOF erinnert an die aktuellen Corona-Eindämmungsmassnahmen wie Ladenschliessungen. Wegen des mutierenden Virus sei damit zu rechnen, dass diese bis ins zweite Quartal gültig blieben. Hinzu komme, dass der Impfstart nur langsam angelaufen sei.

Rückgang im ersten Quartal

Noch im Dezember habe er gehofft, dass es im ersten Quartal aufwärts gehen würde, sagte KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm vor den Medien. "Doch das Bild hat sich geändert und wir sind deutlich pessimistischer geworden."

Konkret dürfte sich das BIP laut der Prognose nun auch im ersten Quartal 2021 zurückbilden, nachdem die Erholung schon im vierten Quartal abrupt gebremst worden war. Erst danach sei mit einer "recht rasanten Erholung" zu rechnen, so Sturm.

Keil in der Wirtschaft

Die Prognostiker stützen sich bei ihrer neusten Prognose auch auf den sogenannten Geschäftslageindikator, der auf Basis einer Umfrage bei über 4'500 Unternehmen erstellt wird. Dieser Indikator habe im Januar wieder nachgegeben. "Die zweite Pandemiewelle bremst einige Branchen deutlich", so das Fazit der KOF.

Das gelte insbesondere für das Gastgewerbe, welcher der "ganz grosse Problembereich" sei, sagte KOF-Ökonom Klaus Abberger. "59 Prozent der Restaurants und 47 Prozent der Hotels betrachten sich inzwischen als stark oder sehr stark existenzgefährdet."

Im Unterschied zur ersten Coronawelle gebe es nun aber beträchtliche Unterschiede zwischen den Branchen. "Die zweite Welle hat einen eigentlichen Keil in die Wirtschaft geschlagen", so Abberger. So sei die Situation im verarbeitenden Gewerbe, also der Industrie, oder auf dem Bau stabil.

Allerdings gebe es auch in den vermeintlich stabilen Branchen gewisse Fragezeichen. So seien die Kapazitäten in der Industrie nach wie vor nicht so gut ausgelastet wie vor der Krise und die Mitarbeiterzahl werde als eher zu hoch beurteilt.

Verschoben ist nicht aufgehoben

Auch wenn der Aufschwung sich nun verzögert: Die KOF geht davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft das Vorkrisenniveau Ende 2021 wieder erreichen wird. Denn ab Herbst sei wegen der Impfaktionen mit einer breiteren wirtschaftlichen Normalisierung zu rechnen.

Für 2022 wird dann ein BIP-Wachstum von 3,6 Prozent vorhergesagt. Diese Prognose liegt deutlich über der bisherigen von 2,6 Prozent. Aber auch damit wird laut KOF-Direktor Sturm die Lücke zu jenem BIP, das ohne Corona möglich gewesen wäre, nur teilweise geschlossen.

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