PARIS/LONDON (awp international) - Am Europas Aktienmärkten herrscht vor der am Nachmittag erwarteten Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell weiterhin Hochspannung. Seit Tagen halten sich die Investoren mit Aktienkäufen zurück. Auch am Mittwoch setzten die Handelsplätze in Europa ihren Weg abwärts fort - der Leitindex EuroStoxx 50 rutschte bis zum Mittag um 0,24 Prozent auf 3501,39 Punkte ab. Die Investoren erhoffen sich von Powell Hinweise, ob und inwieweit die Fed ihre zuletzt gestrafften Zinsen Ende Juli wieder senken könnte und wie es danach weitergeht.

In Paris notierte der französische Cac 40 knapp unter seinem Vortagesschluss, und auch der britische Leitindex tindex FTSE 100 gab moderat nach.

Die Hoffnung auf Unterstützungsmassnahmen der Notenbanken für die sich eintrübende Weltkonjunktur hatte in den vergangenen Wochen für eine Rally an den Börsen weltweit gesorgt. Doch mit dem robust ausgefallenen US-Arbeitsmarktbericht in der vergangenen Woche kamen erste Zweifel auf. Powells Rede vor dem US-Parlament könnte daher zum Wegweiser für die Börsenkurse werden.

Noch gingen die Börsen von einer Zinssenkung auf der kommenden Sitzung aus, "mindestens aber von konkreten Hinweisen, wann es soweit sein wird", schrieb Jochen Stanzl von CMC Markets. Er warnte jedoch, dass die Vorschusslorbeeren der Anleger für die "Wende von der Zinswende" aber auch ein enormes Enttäuschungspotenzial erzeugten.

Der US-chinesische Handelsstreit taugte vor diesem Hintergrund zur Wochenmitte gerade einmal nur für eine Randnotiz. So sorgte die Nachricht an den Märkten kaum für Aufsehen, dass die Streitparteien wieder miteinander reden. Nach der Einigung von US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping auf eine Wiederaufnahme der Handelsgespräche am Rande des G20-Gipfels Ende Juni hatten am Vorabend Unterhändler beider Seiten miteinander telefoniert.

In Europa zeigte sich zur Wochenmitte die Unsicherheit über die weitere Notenbankpolitik in den Branchenvorlieben der Anleger. Ganz oben auf den Einkaufslisten standen die Banken, die von einem höheren Zinsniveau profitieren. Verkauft wurden dagegen Immobilienwerte, denen ein niedrigerer Zins zugute käme, weil er Projektfinanzierungen günstiger macht und die Barwerte der Portfolios steigen lässt. Hier betrug das Minus mehr als ein Prozent.

Unter den Einzelwerten im EuroStoxx 50 hatten entsprechend die Aktien der niederländischen Bank ING mit plus 2 Prozent die Nase vorn, während der französische Immobilienkonzern Unibail-Rodamco-Westfield mit knapp 2 Prozent Minus auf den letzten Index-Platz verwiesen wurde.

In London verschreckte unterdessen die Textilhandelskette Superdry die Anleger mit einem Ergebniseinbruch um mehr als die Hälfte: Die Aktie verlor in der Spitze mehr als zehn Prozent an Wert, konnte ihr Minus aber zuletzt auf unter drei Prozent eindämmen. Die Aktie habe nach mehreren Gewinnwarnungen und Umwälzungen im Management bereits einen schweren Ritt hinter sich, kommentierte David Madden von CMC Markets. Auch dass das Unternehmen seine weitere Entwicklung als unsicher einstufe und Umsatzrückgänge prognostiziere, diene nicht gerade der Stärkung des Anlegervertrauens./tav/mis