Der Ukraine-Krieg lässt die Ölpreise in die Höhe schiessen. Der russische Ölsektor ist zwar de jure nicht sanktioniert, aber aufgrund von Reputationsrisiken möchte derzeit auch kein Unternehmen mit Russland Geschäfte machen. Dies entspricht somit einer de facto Sanktionierung. Das hat wirtschaftliche Folgen.

Nicht nur die Ölpreise verteuern sich weiter, sondern auch die Gaspreise. Italien, das in hohem Mass von Gas abhängig ist, erlebt derzeit eine enorme Teuerungsdynamik. Im Februar steigt dort die Inflationsrate von 4.8 % auf 5.7 %.

Die Inflationsraten werden in der Eurozone aufgrund des jüngsten Ölpreisanstiegs weiter klettern. Besonders heikel ist die Tatsache, dass die Teuerung auch ohne die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise zulegt. In der Eurozone erhöht sich die Kerninflationsrate im Februar von 2.3 % auf 2.7 %.

Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den heikelsten Moment seit ihrer Gründung vor sich hat. In der Vergangenheit war Inflation nie ein besonders grosses Thema. Die Währungshüter konnten deshalb bei Krisen aus dem Vollen schöpfen.

Dies galt insbesondere für die Finanzmarktkrise 2008/09 und im Anschluss daran für die europäische Schuldenkrise. Das Versprechen «Whatever it takes» kam dem damaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi im Juli 2012 relativ leicht über die Lippen, zeigte doch der Teuerungstrend nach unten. Die Situation ist jetzt eine grundlegend andere. Der Inflationstrend zeigt von ohnehin hohem Niveau weiter nach oben.

Auf welche Seite schlagen sich die europäischen Währungshüter: Werden sie Inflationsrisiken oder wirtschaftliche Risiken stärker gewichtet? Die Vergangenheit gibt eine klare Antwort: Inflationsrisiken sollten den Vorrang haben. In den 1970er-Jahren reagierten die Verantwortlichen zu nachlässig auf den Ölpreisschock.

Statt eine klare Position einzunehmen, wird sich die EZB stattdessen bei ihrer Zinssitzung in der kommenden Woche ein hohes Mass an Flexibilität einräumen. Ein klares Bekenntnis zu einer geldpolitischen Straffung wird es vermutlich nicht geben.

Attachments

  • Original Link
  • Original Document
  • Permalink

Disclaimer

VP Bank AG published this content on 02 March 2022 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 02 March 2022 10:46:03 UTC.