WERDOHL (dpa-AFX) - Jeder Bahnfahrer in Deutschland ist wohl schon zigfach über Weichen von Vossloh geglitten. Für die Aktionäre des Verkehrstechnikkonzerns aber ähneln die letzten Jahre eher einem holprigen Ritt - und zwar bergab. Der laufende Umbau des Unternehmens gleicht der Reise in eine ungewisse Zukunft, auch wenn Vossloh zu den Platzhirschen in der Branche gehört. Wie die Lage des Unternehmens ist, was Analysten sagen und wie es für die Aktie läuft.

DAS IST LOS BEI VOSSLOH:

Keimzelle des heute im Nebenwerte-Index SDax notierten Unternehmens ist die im Dreikaiserjahr 1888 in das Firmenregister beim Amtsgericht Altena eingetragene Firma Eduard Vossloh aus Werdohl. Das Produktspektrum reicht von Schienenbefestigungssystemen und Weichenschwellen über fertige Systeme für die Bahninfrastruktur bis hin zu Dienstleistungen rund um die Schiene, etwa Schweißarbeiten und der Transport von Langschienen. Aktuell freut sich der Verkehrstechnikkonzern zwar über eine gute Auftragslage, kämpft aber mit einer geringen Ertragskraft.

Im ersten Quartal stand vor Zinsen und Steuern ein Verlust von 0,6 Millionen Euro. Im Vorjahr gab es hier noch einen Gewinn von 1,6 Millionen Euro. Das Konzernergebnis belief sich auf minus 22,5 Millionen Euro (Vorjahr: plus 1,4 Millionen). Dies wurde belastet durch ein negatives Ergebnis aus nicht fortgeführten Aktivitäten.

Derzeit kommt das Unternehmen beim ursprünglich für 2018 geplanten Verkauf des Lokomotivgeschäfts nicht so voran wie erhofft. Das Management rechnet gleichwohl "zeitnah" mit der Veräußerung dieser Randsparte, hatte Vossloh Ende März mitgeteilt.

Vor diesem Hintergrund treibt Vossloh den Umbau weiter voran. Der Konzern will seine Profitabilität steigern und die Verschuldung senken. Dafür ist unter anderem ein Abbau der Mitarbeiterzahl um rund fünf Prozent im Vergleich zum Jahresende geplant. Darüber hinaus wird eine "konsequente Überprüfung unprofitabler Aktivitäten" durchgeführt, und auch an anderen Stellen soll gespart werden, zum Beispiel an den Gemeinkosten und Investitionen. Vossloh will eigenen Angaben zufolge mit einem Fünf-Punkte-Maßnahmenprogramm den finanziellen Handlungsspielraum für das künftige Wachstum erweitern - also auch für mögliche Zukäufe.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Experten raten derweil, angesichts dem laufenden Umbau des Unternehmens erst einmal an der Seitenlinie zu bleiben. Wie ein Vergleich der im dpa-AFX-Analyser ausgewerteten Analysten zeigt, sind sechs von acht Experten den Aktien von Vossloh gegenüber neutral eingestellt.

Vorsichtig äußert sich Malte Schulz von der Commerzbank. Schulz honoriert zwar den Plan des Unternehmens und insbesondere die Trennung von einigen unprofitablen Geschäftsfeldern. Angesichts der geringen Fortschritte beim Verkauf des Lokomotivgeschäfts allerdings zweifelt der Analyst daran, dass die angepeilten Initiativen schnell umgesetzt werden können. Die Experten von der Deutschen Bank vermissen weitere Informationen über das angestrebte Kostensenkungsprogramm.

Analyst Sven Diermeier von Independent Research erwartet, dass das Maßnahmenpaket letztlich Früchte tragen wird. Helfen könnten hier die Stärken des Unternehmens wie das erfahrene Management sowie der von nur wenigen Anbietern dominierte Absatzmarkt. Vossloh sei der führende Anbieter von Bahntechnik. Negativ schlagen laut Diermeier die teilweise hohe Abhängigkeit von Gütertransporten und der vergleichsweise hohe Fixkostenanteil zu Buche. Ferner hänge die Marktentwicklung von staatlicher Deregulierung ab und Dividenden würden angesichts der Umwandlung des Konzerns nicht kontinuierlich gezahlt.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Kurz nach der Jahrtausendwende haben sich die Aktien von Vossloh vom Tiefstkurs bei gut 11 Euro peu a peu nach oben vorgearbeitet. Die Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 konnte den Lauf der Papiere nur kurz stoppen, schon im April 2011 erreichten die Anteilsscheine bei knapp 103 Euro ein Rekordhoch. Seitdem zeigt der Trend nach unten. Aktuell bewegen sich die Aktien auf dem tiefsten Niveau seit Ende 2004.

Damit hat sich aus charttechnischer Sicht das Bild deutlich eingetrübt. Nachdem die Marke von rund 40 Euro zwischen Oktober und April als starke Unterstützung gedient hatte, durchbrachen die Aktien Anfang Mai diese Schwelle nachhaltig. Inzwischen zeigen sowohl die kurz- als auch die längerfristigen Trends nach unten./la/ajx/fba