Von Jinjoo Lee

NEW YORK (Dow Jones)--Das von US-Präsident Joe Biden verhängte Verbot russischer Ölimporte ist mehr Bellen als Biss. Das heißt aber nicht, dass es einigen US-Raffinerien nicht schadet. Im vergangenen Jahr bezogen die USA nur 8 Prozent ihrer Einfuhren von Rohöl und Erdölerzeugnissen vom drittgrößten Produzenten der Welt. Nach Daten der US-Energie-Informations-Behörde (EIA), die Tudor, Pickering, Holt (TPH) ausgewertet hat, hat Valero Energy 41 Prozent gesamten Importe von russischem Rohöl und von Erdölerzeugnissen in die USA getätigt. Andere große Importeure von russischem Rohöl waren mit 17 Prozent Exxon Mobil, PBF Energy mit 8 Prozent und Chevron mit 7 Prozent.

Einige kleinere Unternehmen haben jedoch ein viel größeres relatives Engagement. Bei Par Pacific Holdings machte russisches Öl laut der Analyse von TPH im vergangenen Jahr etwa 14 Prozent des Gesamtdurchsatzes aus. Der Aktienkurs von Par Pacific Holdings fiel um etwa 5 Prozent, nachdem das Unternehmen in der vergangenen Woche mitgeteilt hatte, dass es die Käufe von russischem Öl für seine Raffinerie in Hawaii aussetze. Seit dem Einmarsch in der Ukraine sind die Aktien von Par Pacific um 4,2 Prozent in die Knie gegangen, während ein Subindex der Raffinerien im S&P 500 um 3 Prozent zulegte. Obwohl russisches Öl im vergangenen Jahr jeweils etwa 8 Prozent und 5 Prozent des Durchsatzes von Valero und PBF Energy ausmachte, sind die Aktien beider Unternehmen im gleichen Zeitraum geklettert.


   US-Raffinerien sind nun auf der Suche nach Ersatz für russisches Öl 

Ein Verbot russischer Importe schadet den Raffinerien in zweierlei Hinsicht. Es lastet auf den Gewinnspannen, da die Raffinerien auf einem bereits angespannten Rohölmarkt nach Ersatzfässern suchen müssen. Erstens liegen die kommerziellen Rohölvorräte in den USA um etwa 12 Prozent unter dem Fünfjahresdurchschnitt für diese Zeit des Jahres. Auch in anderen Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind die Lagerbestände niedrig. Dies bedeutet, dass die US-Raffinerien andere eifrige Käufer auf dem Markt überbieten müssen. Zweitens macht ein Wechsel der Rohölsorte, die das Raffineriesystem durchläuft, dieses weniger produktiv. "Wenn es vorher bessere Rohölsorten gegeben hätte, hätten die Raffinerien diese wahrscheinlich auch verwendet", meint Matthew Blair, Aktienanalyst bei TPH.

Wodurch werden die russischen Fässer ersetzt? Es gibt im Großen und Ganzen zwei Bereiche, über die man nachdenken kann. Der größere Bereich umfasst unfertige Erdölprodukte wie Heizöl - die schwereren Produkte -, für die die Raffinerien an der Golfküste mit ihrer komplexen Raffineriekapazität optimiert sind. Die schwereren Rohöle aus Russland haben dabei geholfen, venezolanisches Rohöl zu ersetzen, das die US-Raffinerien nach den Sanktionen im Jahr 2019 nicht mehr importieren konnten.


   Kanadisches Rohöl könnte als Ersatz herhalten 

Es gibt Alternativen, die helfen könnten, die Lücke zu schließen, auch wenn dies die Raffinerien etwas kosten wird. Schwereres kanadisches Rohöl ist zum Beispiel ein guter Ersatz, aber Rystad Energy stellt in einem aktuellen Bericht fest, dass die Kapazitäten dafür begrenzt sein könnten. Es ist bemerkenswert, dass die kanadischen Ölströme in die USA auch nach dem Stopp der venezolanischen Ölströme nicht wesentlich zunahmen. Zu den anderen Optionen gehören die schwereren Rohölsorten, die im Inland gefördert werden, darunter Mars und Southern Green Canyon, sowie Maya-Rohöl aus Mexiko. Sowohl Mars als auch Western Canadian Select werden mit geringeren Abschlägen gegenüber West Texas Intermediate (WTI) gehandelt als im Vormonat.

Ein anderes Problem, das es anzupacken gilt, betrifft die leichtere Sorte Rohöl - bekannt als ESPO -, die die Westküste, einschließlich der Par-Pacific-Raffinerie auf Hawaii, aus Russland importiert. Sie musste die rückläufigen Importe von leicht-süßem Rohöl aus Nigeria ersetzen, das Produktionsprobleme hatte, sowie geringere Mengen von US-Rohöl, das per Bahn verschifft wurde, so American Fuel & Petrochemical Manufacturers. Obwohl die USA selbst viel leichtes Rohöl produzieren, ist es für die Westküste wegen der Entfernung und der begrenzten Pipeline-Infrastruktur zu den Ölförderzentren teuer, es im eigenen Land zu beziehen.


   Womöglich bahnen USA Venezolanern und Iranern Rückkehr auf die Ölmärkte 

Andere außenpolitische Maßnahmen könnten den Schlag mildern. Die USA sind in separaten Gesprächen mit Venezuela und dem Iran, die möglicherweise zusätzliches schweres Rohöl auf den Markt zurückbringen könnten. Andere mögliche Lösungen - die Aussetzung des Jones Act, eines Bundesgesetzes, das derzeit den Transport von Öl von einem US-Hafen zum anderen verteuert, oder der Bau von mehr Pipeline-Kapazitäten - erscheinen im Vergleich dazu als eher riskant. Das größte Risiko bei Rohölpreisen, die gerade ein 14-Jahres-Hoch erreicht haben, besteht darin, dass das US-Importverbot für russisches Öl den Druck auf Europa erhöht, diesem Beispiel zu folgen. So hat Großbritannien bereits angekündigt, die russischen Ölimporte bis zum Jahresende auslaufen zu lassen. Außerdem könnte Russland selbst als Vergeltungsmaßnahme seine Ölexporte einschränken. Das würde den Druck auf die weltweiten Rohölpreise erhöhen. Wenn sie ein Niveau erreichen, bei dem die US-Bürger beginnen, ihren Verbrauch insgesamt zu senken, werden die logistischen Probleme der Raffinerien die geringste Sorge sein.

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March 09, 2022 10:37 ET (15:37 GMT)