Von Silke Jarck
Die D-Strecke ist anders als die anderen. Schon deshalb, weil sie eigentlich gar keine zusammenhängende Strecke ist, sondern aus zwei bis heute voneinander getrennten Teilabschnitten besteht. Neben dem ungewöhnlichen Streckenverlauf bietet die D-Strecke auch einige architektonische und stadtgestalterische Highlights.

Auf ihrem westlichen Abschnitt fährt die Linie 10 vom hannoverschen Stadtteil Ahlem bis zum Hauptbahnhof in der City. Auf dem südöstlichen Teil stellt die Linie 6 die Verbindung vom Stadtteil Bult zum Kronsberg mit dem Endpunkt Messe/Ost her.

Um sich im Streckennetz der ÜSTRA zu orientieren, empfiehlt sich der Blick auf den Linienplan, der in Stadtbahnen und an Haltestellen hängt. Schaut man auf die Farben, so hat man zunächst den Eindruck, dass der südliche Abschnitt der D-Strecke zur C-Strecke gehört, da er genauso wie die Linien 4, 5 und 6 der C-Strecke in gelber Farbe dargestellt ist.

Zum Verständnis dieser Besonderheit sei ein kurzer Ausflug in die Historie des Stadtbahnnetzes erlaubt. In den 1960er Jahren war das Netz mit den vier StreckenA, B, C und D so geplant, dass alle Strecken im Innenstadtbereich durch Tunnel geführt werden sollten. So auch die D-Strecke vom Steintor, über Hauptbahnhof und die Station Marienstraße. Im Weiteren sollte sie über bzw. unter der Sallstraße, zum Bahnhof Bismarckstraße in Richtung Bischofsholer Damm führen. Nach immer wieder geführten Diskussionen und Kostenberechnungen rund um den D-Tunnel in der Innenstadt wurde im Vorfeld der Expo 2000 entschieden, den Süd-Ast im Stadtteil Bult an die C-Ost anzuschließen.

[Link]Die Haltestelle 'Brabeckstraße' bei ihrer Eröffnung im Jahr 1999. Foto: Achim Uhlenhut

Anders als die A-, B- und C-Strecke verläuft die D-Strecke nur oberirdisch, mit einer kleinen Ausnahme, die einmalig im Streckennetz ist: In Bemerode hat die Strecke ein kurzes Tunnelstück und die Station Brabeckstraße liegt unterhalb des Straßenniveaus, ist aber nach oben offen.

D-Süd:

Die D-Süd hätte es ohne die Expo 2000 in dieser Form wohl gar nicht gegeben. Die ca. neun Kilometer lange Strecke bis in den Südosten Hannovers wurde von 1996 bis 2000 gebaut und im Februar 2000 feierlich, unter anderem mit Hannovers damaligem Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg und Twipsy, dem Expo-Maskottchen, eingeweiht.

Die Gleise haben im gesamten Verlauf einen besonderen Bahnkörper, müssen sich den Platz also nicht mit Autos oder anderen Verkehrsteilnehmern teilen. Die D-Süd war die erste Strecke, die von Anfang an durchgehend mit Hochbahnsteigen ausgestattet war und somit einen durchweg barrierefreien Ein- und Ausstieg in die Stadtbahnen ermöglichte. Auffällig ist auch die Gestaltung der Haltestellen mit ihren Witterungsschutzdächern, die mit einem Architekturpreis ausgezeichnet wurden. Sie sind einheitlich konstruiert, die Verkleidung greift aber an jeder Haltestelle Baustoffe der Umgebung auf. Auch der Endpunkt 'Messe/Ost' ist mit seiner Lage am Kronsberghang und seinem riesigen Glasdach architektonisch sehenswert.

[Link]Am Endpunkt Messe/Ost wurde 1998 unter anderem die Dachkonstruktion gebaut. Foto: ÜSTRA Archiv

Heute bietet die D-Süd nicht nur den hannoverschen Stadtteilen Kronsberg, Bemerode und Bult eine schnelle Verbindung zur Innenstadt, sondern bringt auch - außer in diesem Corona- Jahr - jährlich Zehntausende Menschen zum Messegelände sowie zu sportlichen und kulturellen Großveranstaltungen auf der Expo-Plaza und in der angrenzenden Arena. In der Zukunft freuen sich auch die mehreren Tausend Bewohner des neu entstehenden Quartiers Kronsrode, dass sie die Innenstadt mit der Stadtbahnlinie 6 in gut 20 Minuten erreichen können.

[Link]Der Endpunkt Messe/Ost nach einer Veranstaltung. Foto: Florian Arp D-West:

Der westliche Teil, auf dem die Linie 10 fährt, hat eine ganz andere Entstehungsgeschichte als die D-Süd und ist aus verschiedenen Gründen immer wieder im Gespräch. Nein, nicht nur wegen des Phänomens des 'Limmerns' im Bereich der Limmerstraße, wo die Linie 10 unterwegs ist. Sondern auch wegen des geplanten Baus der Hochbahnsteige, durch die auch in Linden-Nord ein bequemerer und barrierefreier Ein-und Ausstieg bei der Stadtbahn möglich werden wird. Auf der Limmerstraße befindet sich die Haltestelle 'Leinaustraße' mit ihrem besonderen begrünten Wartehäuschen von Andreas Brandolini. Im Rahmen eines Kunstprojekts entstanden Anfang der 90er-Jahre neun solcher BUSSTOPS, die von international bekannten Designern und Architekten entworfen
wurden.

[Link]Die Haltestelle 'Leinaustraße' auf der Limmerstraße. Foto: Florian Arp

Vor ca. 25 Jahren endete die D-West noch in Limmer (an der heutigen Haltestelle 'Harenberger Straße Brunnenstraße'; geändert am 22.12.20, 15:20 Uhr), bevor sie weiter nach Westen verlängert wurde, wo sie heute fast bis zur Stadtgrenze zu Seelze reicht.

Die D-West ist die einzige der vier Stadtbahnstrecken, die über Hannovers beide Flüsse Ihme und Leine führt. Neben der Goethebrücke über die Leine befindet sich übrigens das Gebäude der ÜSTRA Unternehmenszentrale, das Anfang der 60er-Jahre nach Plänen des Architekten Dieter Oesterlen
errichtet wurde und seit der Sanierung vor einigen Jahren in neuem Glanz erstrahlt.

[Link]Die ÜSTRA Zentrale am Hohen Ufer. Foto: Florian Arp D-Innenstadt:

Auch in Hannovers Zentrum hat die Strecke eine bewegte Geschichte und einige Veränderungen erlebt. Vor 25 Jahren hatte die Linie 10 mit der Haltestelle 'Rathaus/Friedrichstraße' noch einen Endpunkt in der Nähe des Neuen Rathauses. Von Linden kommend führte sie über den Ernst-August-Platz, am Aegi unter der Hochstraße entlang und in eine Schleife. Sowohl die Hochstraße als auch der Endpunkt verschwanden und heute kann man dort die Architektur der NORD/LB und des künstlichen Birkenwaldes bestaunen. Der damals neu eingerichtete und mit einem Hochbahnsteig ausgebaute Endpunkt Aegi ist seit Inbetriebnahme der veränderten Linienführung durch den 'Posttunnel' zum neuen Endpunkt Hbf./ZOB im Jahr 2017 nicht mehr in Betrieb.

[Link]Früher fuhr die Stadtbahn in der Innenstadt noch oberirdisch unter der Hochstraße am Aegidientorplatz in der Friedrichstraße. Foto: ÜSTRA Archiv

Am Steintor fallen die schwarz-gelb karierten Aufbauten mit ihren Türmchen auf, die vom italienischen Architekten Alessandro Mendini im Rahmen der schon genannten BUSSTOPS-Aktion entworfen wurden. Im Zuge der straßenräumlichen Umgestaltung des Abschnitts 'Goetheplatz'
- 'Hbf./ZOB' wurden sie umgesetzt und werden seitdem als Bushaltestelle genutzt. Der neue Hochbahnsteig im Bereich der Langen Laube bietet mit seinem spiegelnden Dach über den Köpfen der Fahrgäste einen besonderen Blickfang.

  • Die Mendini-Haltestelle wird heute von den ÜSTRA Buslinien genutzt. Foto: Martin Bargiel
  • Der Hochbahnsteig am Steintor ist ein Hingucker. Foto: Tobias Wölki

Architektonisches Highlight auf dem Innenstadt-Abschnitt ist der Gehry-Tower der ÜSTRA in der Nähe der Haltestelle Steintor. Der Entwurf für das im Jahr 2001 fertiggestellte Gebäude stammt vom amerikanischen Stararchitekten Frank O. Gehry. Der um die eigene Achse verdrehte Baukörper und die silberne Edelstahlfassade ziehen bis heute erstaunte und begeisterte Blicke architekturinteressierter Personen von nah und fern auf sich.

Mit diesem Beitrag endet die Serie über die Stadtbahnstrecken der ÜSTRA. Es bleibt spannend, welche Veränderungen unter anderem Streckenverlängerungen oder neue Fahrzeuge zukünftig
mit sich bringen.

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üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG published this content on 01 January 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 18 January 2021 15:29:02 UTC